„Wer Frieden sucht, der findet ihn in Gößweinstein“

17.7.2015, 18:19 Uhr
„Wer Frieden sucht, der findet ihn in Gößweinstein“

© Löwisch

„Storytelling“ nennt man es heutzutage, will man in Prospekten, im Internet oder sonst wo den Eindruck erwecken, der Autor erzählt aus seinem Urlaub und lässt die Leser daran teilhaben. Er bindet sie gewissermaßen in die Geschichte ein. Der Verkehrsverein Gößweinstein praktizierte das schon 1865 in einem Buch, in dem ein fiktiver Gast seine Erlebnisse vom Urlaub in der Fränkischen Schweiz niederschrieb, um so für den Ort zu werben.

Da heißt es beispielsweise: „Nach einer harten Tagestour, in dem ich den Weg zu dem berühmten Wichsenstein verfehlt hatte, kam ich abends halb schlafend nach Gößweinstein. Da lag der Ort im Abendlicht, wie hingezaubert vor mir, zwei stattliche Thürme ragten geschwisterlich zum blauen Himmel auf, links von ihnen schwebte auf hohem Felsen ein Schloß, wie hingemalt von kühner Künstlerhand. Und über Schloß und Thurm erhob sich, als habe der Meister der Dekorationsmaler sein Meisterstück hier geschaffen, eine blaue Bergwand, von der ein einsames Schloß oder Kapellchen traulich herabwinkte. Meine Müdigkeit war gewichen. Da ertönte eine sanfte Musik im leisen Abendwind, welche die Berge ringsum zurückgeben; meine Füße begannen unwillkürlich frisch auszuschreiten. Noch einmal mußte ich still stehen, um dieses Bild in mich aufzunehmen und um den Klängen zu lauschen, dann schritt ich weiter.“

Lob auf günstige Preise

Auch die Gastronomie des Ortes wird in diesem Bericht gelobt sowie die freundliche Aufnahme durch die Bevölkerung und die gute Verpflegung. Da ist die Rede von einer „dampfenden Suppe, eine der besten Bouillons, die ich auf der Reise in überreichlichem Maße erhalten habe“ und weiter: „Brot und Butter waren gleich gut und frisch.“ Erst am Morgen stellte der „Fremdling“ fest, dass er beim „Badbesitzer und Wundarzt Andreas Belzer“ logiert hatte. In dem Hotel gab es „Molken und Kräutersaft sowie Fichtennadel- und Salzbäder“. Ein Lob sind ihm auch die günstigen Preise wert, „für die ein bescheiden gestellter Norddeutscher zu Hause nicht leben kann“.

Breiten Raum nimmt die „Kirche, im neurömischen Style erbaut“ ein. Hier weicht der Autor allerdings von seinem bisherigen Schema ab und berichtet sachlich aus der reichen Geschichte der Basilika. Bei der Einweihung der Wallfahrtskirche am 14. Mai 1739 wird er euphorisch, obwohl er damals, vor fast 130 Jahren, gar nicht dabei gewesen sein kann: „20 000 Andächtige haben zugeschaut, als das Gnadenbild der Heiligen Dreifaltigkeit unter Trompeten- und Paukenschall von der Kapuzinerkirche in die neue Kirche gebracht wurde.“

Eine weitere Besonderheit an dem 60 Seiten starken Büchlein ist die Tatsache, dass es nicht nur Gößweinstein sehr ausführlich beschreibt. Der Führer verweist auch auf die Umgebung, auf die Fränkische Schweiz, die 1865, als das Buch erschien, gerade einmal 60 Jahre lang diesen Namen trug.

Vor 1807, damals wurde der Namen Fränkische Schweiz erstmals in einem Reiseführer erwähnt, hieß die Gegend noch „Muggendorfer Gebürg“. Von dem Ort berichtet der Reiseführerautor knapp: „Bis jetzt alleiniger Sammelplatz für die Besucher der Fränkischen Schweiz. Ist durch sein Kurhaus (Molkekur), seine guten Gast- und Wirthshäuser und sehenswürdigen Höhlen hinlänglich bekannt.“ Weiter schreibt er: „Der Weg nach Muggendorf zieht durch das großartige Gößweinsteiner Thal“.

Im „anmuthigen Thale“

Weiterhin ist die Rede vom „Schwesterstädtchen Gößweinsteins, von Pottenstein“, das laut Buchautor in einem „anmuthigen Thale liegt“. Es folgen sechs (!) Seiten Text über die Vorzüge Pottensteins — und das in einem Buch über Gößweinstein. Das Trubachtal sieht der Autor als „die Grenze der Fränkischen Schweiz“ an. „Dieses Thal bietet noch einmal alle Reize, die den Besucher der Umgegend Gößweinstein so oft ergötzen.“

Waischenfeld dagegen wird nur in einem Nebensatz erwähnt — bei der Wegbeschreibung zum „Schloß“ Rabeneck: „Nach der nächsten Biegung von der Toosmühle aus auf der Poststraße nach dem freundlichen Städtchen Waischenfeld, dessen aufbewahrter Alterthümer, freundliche Umgebung und geschmackvolle Forellen einen Besuch schon lohnend machen — zeigt sich plötzlich das altersgraue Gemäuer von Rabeneck“.

Eine Schilderung des Besuches der Burg und der Kirche von Gößweinstein und ein Loblied auf den Ort führen schließlich zum Abschied von der fiktiven Storytelling-Geschichte.

Am Ende schreibt der unbekannt gebliebene Autor: „Wer Frieden der Seele sucht, der findet ihn hier. Wer von der Stadt in die Natur eilet, hier zeigt sie sich in allen Reisen. Wer freundliche Menschen um sich nicht gerne dabei vermisst, der trifft sie hier reichlicher als sonst in Bayern.“ Diese Einschätzung könnte man glatt in heutige Tourismuskonzepte als Zukunftsperspektive übernehmen.

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