„Werde für jede Spielminute dankbar sein“

11.12.2014, 09:00 Uhr
„Werde für jede Spielminute dankbar sein“

© Foto: privat

So sicher wie das Amen in der Kirche trafen regelmäßige Besucher der Jahn-Heimspiele in den vergangenen Monaten auf dem Sportplatz einen jungen Mann, der nur immer dann loslegen durfte, wenn die anderen Halbzeitpause machten. Mehr als ein paar Sit-ups und Balljonglieren war aber nicht drin. „Darunter leidet er wie kein anderer“, weiß sein Trainer Michael Hutzler. Die Rede ist von Max Bauernschmitt, der sich zu einem der wichtigsten Stützpfeiler in einer erfolgreichen Forchheimer Mannschaft entwickelt hat, seit Frühsommer aber mit einer schweren Knieverletzung ausfällt.

„Er hat uns mit seiner kompromisslosen Zweikampfführung und seiner Art, die Mitspieler mitzureißen, besonders in den Wochen gefehlt, in denen es spielerisch nicht so lief“, sagt Hutzler über Bauernschmitt. Der 24-Jährige, beim FSV Bruck ausgebildete, Erlanger selbst erklärt: „Tatsächlich war die Zuschauerrolle für mich schwer zu ertragen. Ich war in meiner Karriere bisher nie länger verletzt und kannte dieses Gefühl nicht. Es liegt in meiner Natur, immer bei jedem Spiel dabei sein zu wollen.“ Nun sieht Bauernschmitt wieder mehr Licht als Dunkelheit.

Anfang August sah man Bauernschmitt noch mit jener für Patienten mit einem Kreuzbandriss unverwechselbaren Schiene zwischen Spielfeldrand und Mannschaftsbank wackeln, ehe er die Belastung nach einem detaillierten Zeitplan sukzessive steigern durfte. Mannschaftsarzt Dr. Ekkehardt Templer vom medikon-Zentrum beschreibt Bauernschmitts Heilungsverlauf als Musterbeispiel. Anstelle des kaputten vorderen Kreuzbandes, das nicht mehr zusammenwächst, aber bei einer Sportart wie Fußball für die Stabilität des Bewegungsapparates unverzichtbar ist, wurde Mitte Juni eine körpereigene Sehne eingesetzt. „Selten kann wie in diesem Fall direkt nach der Verletzung operiert werden, der Zeitpunkt hängt immer von den Begleitschäden im Gelenk ab. Mögliche Entzündungen müssen erst abklingen. Leider wird bei den Profis zu Gunsten einer schnellen Rückkehr in den Spielbetrieb weniger Rücksicht auf die langfristigen Folgen genommen“, erklärt Templer. Doch die biologische Umwandlung des Gewebes kann auch bei einem Bundesligaspieler nicht verkürzt werden und in zehn Prozent der Fälle sogar scheitern.

In der achten Woche nach der Operation durfte Max Bauernschmitt Fahrradfahren und Schwimmen. Über Kräftigungsübungen für die Muskulatur hinaus war Joggen erst nach vier Monaten wieder erlaubt. Bis zu den ersten Ballkontakten und leichten Passübungen Ende November dauerte es fünf Monate. Für einen der fittesten Spieler im Forchheimer Kader, der gerne an seine körperlichen Grenzen geht, kamen diese Beschränkungen einer mentalen Folter gleich: „Schlimm war für mich die dosierte Belastung, ich wollte eben Joggen, Radfahren und Fitnessstudio an einem Tag durchziehen, musste dann aber wieder aussetzen. Es gab kleine Rückschläge durch Schwellungen und Muskelprobleme, die mich verunsichert haben.“

Die Psyche leidet bei einer solch langen Auszeit gerade bei Mannschaftssportlern wohl ein bisschen mehr unter dem Entzug der Gruppenzugehörigkeit. „Ich war zwar bei allen Heimspielen da und habe mein Aufbauprogramm anfangs einmal, dann zweimal und später dreimal die Woche parallel zum Training durchgezogen, aber trotzdem hat man das Gefühl, etwas verpassen zu können“, verrät Bauernschmitt. Die notwendige Unterstützung, betont der 24-Jährige, habe er durch Gespräche mit seiner Freundin, der Familie, engen Freunden aus der Mannschaft sowie Verantwortlichen und medizinischen Betreuern des Vereins erhalten.

Wichtig sei dennoch jene Erfahrung gewesen, „dass es ein Leben neben dem Fußball gibt. Das habe ich erst richtig kennen und schätzen gelernt durch die Verletzung. Ich konnte fast ein halbes Jahr beruflichen und privaten Dingen mehr Priorität einräumen.“ In einem Kurzurlaub in Ägypten erholte sich Max Bauernschmitt vom Stress des vergangenen halben Jahres, ließ es in Sachen Sport gemächlich angehen. Nun „bin ich voller Vorfreude, wieder den Fußball-Rhythmus aufzunehmen. Das Knie fühlt sich gut an, ich habe keine Angst“, sagt der Mittelfeldmann.

Pünktlich zum Vorbereitungsstart des Jahn kann Bauernschmitt wieder ins Mannschaftstraining einsteigen und auch in Zweikämpfe gehen. Bei seinen Zielen bremst sich der Rekonvalenszent freiwillig etwas: „Ich muss realistisch sein und kann nicht die gesamte Vorbereitung durchziehen. Fürs erste bin ich für jeden Kurzeinsatz und jede Spielminute in der Rückrunde dankbar. Auch an einen bestimmten Tabellenplatz am Saisonende denke ich jetzt noch nicht.“ Derweil hofft sein Trainer darauf, dass Bauernschmitt auf dem Platz möglichst schnell wieder seine alte Rolle ausfüllen kann. „Die Entwicklung von Hayri Özdemir nach der gleichen Verletzung stimmt mich positiv. Unsere medizinische Abteilung macht einen super Job. Verheizen werden wir den Max aber nicht“, so Michael Hutzler.

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