Wiesent und Co.: Wie lassen sich Flüsse besser schützen?

4.10.2018, 06:00 Uhr
Wiesent und Co.: Wie lassen sich Flüsse besser schützen?

© Archivfoto: Marquard Och

"Gewässernachbarschaft": Zu diesem Thema hatte Michael Richter, Sachgebietsleiter des Wasserwirtschaftsamts Kronach (WWA), nach Pinzberg eingeladen.

Für Diskussionsstoff unter den 35 Besuchern sorgte Gabriele Trommer, Biologin am WWA, mit ihrem Referat über "Erosion und Sedimentation an kleinen Gewässern". Die "Sedimentfresser", sagte sie, sind wichtig. Sie meinte Fische und andere Wassertiere, die am Gewässergrund ein Gemisch aus Algen und mineralischen Stoffen aufnehmen und dadurch den Stoffkreislauf aufrecht halten. Aber die würden immer weniger. Ein Grund für deren Rückgang sei der Schlammeintrag aus landwirtschaftlichen Flächen, "ein Fass ohne Boden".

Die Ebermannstädter Bürgermeisterin Christiane Meyer (NLE) hätte gerne zu dem Problem speziell für die Wiesent, den Hauptfluss der Fränkischen Schweiz, eine Beurteilung des Zustands gehabt. Doch eine "Prozentskala" wollte die Biologin nicht nennen. Der "mäßige Zustand" habe "Verbesserungsbedarf", sei aber nicht "katastrophal schlecht".

Gabriele Trommer: "Wir renaturieren, sind mit der Fischerei im Benehmen zu Neubesätzen, in Seitenbächen versuchen wir neue Laichgründe anzulegen. So belassen wie es ist wollen wir es nicht."

Sachgebietsleiter Michael Richter sagte, für die "Durchgängigkeit" seien "Fischpässe" geschaffen worden. Hier warf eine Teilnehmerin ein, dies gelte aber nicht für die Sedimente. Der Langensendelbacher Bürgermeister Oswald Siebenhaar (CSU) und sein Leutenbacher Kollege Florian Kraft (FW) wünschten sich mehr Zugriff auf die Gewässer-Randstreifen in den Außenbereichen.

Wenige beteiligen sich

Dazu sagte WWA-Abteilungsleiter Günther Prem: "Wir sind auf die Mithilfe der Gemeinden angewiesen. Nur wenige beteiligen sich bisher an dem Gewässerentwicklungskonzept des WWA." Diese "heiße Kartoffel", sagte Prem und meinte damit die Gewässer der Dritten Ordnung, für die die Kommunen zuständig sind, "fassen wir nicht an, sondern toben uns da aus, wo wir was bewegen können, an den Gewässern der Ersten und Zweiten Ordnung."

Der Vorsitzende des Landschaftspflegeverbands und Eggolsheimer Bürgermeister Claus Schwarzmann (Bürgerbund) hatte dafür kaum Verständnis. Es fehle an einem Erlass der Staatsregierung zum Zugriff der Gemeinden auf die Uferstreifen, den schon der frühere Forchheimer Fischereiverbandsvorsitzende Albert Schütze immer wieder gefordert habe.

Bürgermeisterin Meyer fragte: "Wie stehen Sie dazu, dass sich in Bayern, wie in anderen Bundesländern schon geschehen, was ändert?" Michael Richter sagte, irgendwann werde was kommen, in der nächsten Dekade ab 2027. Bürgermeisterin Rose Stark (SPD/Ökologen) schilderte die Situation in Pretzfeld: "Eine gesetzliche Änderung ist notwendig, wir haben einen Gewässerentwicklungsplan, kommen an die Grundstücke nicht ran, es wird bis an den Rand der Trubach geackert."

"Medizin verabreichen"

Hermann Greif, Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbands (BBV), beleuchtete das Spannungsfeld gewässer- und grundwasserschonende Landwirtschaft: "Wir tun nix anderes als die Mutter, die ihrem Kind die Arznei verabreicht." Deutsche Bauern garantierten die sichersten Nahrungsmittel in Europa. Der Land- und Forstwirtschaft in Bayern seien seit 1960 durch Versiegelung 840 000 Hektar verloren gegangen, 20 Hektar täglich. Mit dem Vertragsnaturschutz und dem Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) unterstütze der BBV den Umweltschutz. 2017 hätten die Bauern 12 000 Anträge gestellt. In Oberfranken summierten sich die Gewässerrandstreifen auf 30 Hektar, so Greif. Seine eigenen Flächen befänden sich zur Hälfte im Wasserschutzgebiet.

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sei zurückgegangen. Zum Thema "Glyphosat" stellte Greif fest, in den damit gespritzten Böden befänden sich die meisten Regenwürmer. Den Bienen stellten die Landwirte auf Ackerrandstreifen Blühflächen zur Verfügung; Bienensterben gäbe es in Deutschland seit 2010 nicht mehr, so Greif. Global sei die Zahl der Bienenvölker seit 1994 von 66 000 auf 90 500 gestiegen.

Dem widersprach Gabriele Trommer: "Das Bienensterben existiert." Bei seinem "Heimspiel" in Pinzberg trat Hermann Greif der Meinung entgegen, die "Hochleistungskuh" mit bis zu 35 Litern Milchleistung täglich sei gegenüber der "normalen" die schlechtere Kuh. Im Verhältnis produziere das "Hochleistungvieh" nämlich weniger Methan.

In der modernen Landwirtschaft werde mittels satellitengestützter Navigation (GPS) zentimetergenau die Gülle ausgebracht. Alle sechs Jahre gebe es Bodenuntersuchungen. Mit Zwischenfrüchten werde der Humusgehalt des Ackerlands gesteigert und mit Wasserrückhaltungen und Heckenpflanzungen der Erosion entgegengewirkt. "Nachbarschaftsberater" Michael Richter war davon überzeugt: "Ich sehe die Landwirtschaft jetzt mit ganz anderen Augen."

Skeptischer äußerte sich Claus Schwarzmann. Er sprach von Greifs "Lobbyarbeit": "Ich habe mal Landwirtschaft studiert, draußen sehen die Dinge nicht so rosig aus wie von dir dargestellt. Man kommt an die Landwirte nicht heran, wenn es um den freiwilligen Gewässerschutz geht."

Die beim WWA für Gewässerentwicklung zuständige Annegret Bieler sagte: "Ich will nicht auf Konfrontation gehen. Insektenrückgang und Bienensterben gibt es. Wir müssen halt mehr miteinander reden".

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