Willfried Pätzke will für Forchheims Linke in den Landtag

18.9.2018, 12:24 Uhr
Willfried Pätzke will für Forchheims Linke in den Landtag

© Foto: Huber

Sein erster Berührungspunkt mit der Politik liegt lang zurück — doch beeinflusst seine Haltung bis heute: „Es war in meiner Schulzeit in den 1960er Jahren in Celle“. Damals hörte der junge Willfried zum ersten Mal von der „Celler Hasenjagd“. „Im April 1945, eine Woche vor Ende des Krieges, wurde ein Transport von Häftlingen, der auf dem Weg ins KZ Bergen-Belsen war, bombardiert“, erzählt er. Viele kamen dabei ums Leben, einige Hundert aber konnten fliehen. „Sie wurden von den deutschen Schützenbrüdern quer durch die Stadt gejagt und ermordet.“ Das Massaker in seiner Heimatstadt, vor allem aber der Umstand, dass Willfried Pätzke, als er darüber in der Schule sprach, aus dem Klassenzimmer gewiesen wurde, prägt sein Weltbild. Nichts liegt diesem ferner als rechtes Gedankengut.


Politisch zieht es den gebürtigen Niedersachsen dabei zunächst in die Nähe der SPD. „Ich komme aus einer traditionell sozialdemokratischen Familie, mein Vater war bei der SPD, mein Bruder auch“, erzählt der 63-Jährige. Er selbst habe in seiner Jugend Wahlkampf für die Genossen gemacht, aber ohne Mitglied zu sein. Doch dann kam Gerhard Schröder und mit ihm die Agenda 2010 — und spätestens seitdem stand für Willfried Pätzke fest: „Mit dem Sozialen und der sozialen Gerechtigkeit ist es in der SPD jetzt nicht mehr weit her.“


Doch auch sein eigener Lebensweg brachte ihn 2017 dazu, Mitglied bei den Linken zu werden: Er studierte Grafik, brach das Studium aber ab, um sich mit einer eigenen Firma selbstständig zu machen und seine Dienste als Maler und Grafiker bei Messen anzubieten. Sein Job führte ihn nach Nürnberg, mit seiner Familie lebte er zunächst in Waischenfeld, später zog er nach Eggolsheim.


Karriereknick und Schock im Jobcenter

„Mit 55 Jahren wurde ich das erste Mal arbeitslos“, erzählt der Vater von vier erwachsenen Kindern. Die Auftragslage hatte sich immer weiter verschlechtert, seine Firma musste Insolvenz anmelden. „Da steht man plötzlich da, fühlt sich persönlich schuldig und meint, keiner will einen mehr haben“, erklärt er. Zum Karriereknick kam der Schock über die Mitarbeiter im Jobcenter. „Ich war einmal da, dann habe ich fast ein Jahr lang nichts mehr gehört“, empört er sich noch heute. Als er nach dem Grund fragte, bekam er zur Antwort, er sei eben schwer vermittelbar.

Willfried Pätzke will für Forchheims Linke in den Landtag

© Foto: Anestis Aslanidis

Pätzke aber wollte noch nicht aufs berufliche Abstellgleis, arbeitete zwischenzeitlich sogar als Spül- und Reinigungskraft in einer Metzgerei. Mittlerweile hat er wieder Fuß gefasst, ist seit fast einem Jahr über eine Zeitarbeitsfirma als Produktionshelfer bei Waasner in Forchheim beschäftigt. „Aber durch meine Erfahrungen in der Arbeitslosigkeit und mit Hartz IV habe ich gesehen, welche Lücken die staatliche Vorsorge hat und wie schnell man gesellschaftlich geächtet wird, wenn man am Existenzminium lebt.“

Soziale Gerechtikeit gehört in den Mittelpunkt

Für ihn steht fest: Das Thema soziale Gerechtigkeit muss wieder in den Mittelpunkt gerückt werden — und das geht nur mit der Linken. „Es wird Zeit, dass die Linke in den Landtag einzieht“, sagt er. Glaubt man dem jüngsten Bayerntrend, stehen die Zeichen gut, dass die Partei zum ersten Mal überhaupt die Fünf-Prozent-Hürde knackt.
Mit Platz zehn auf der Oberfranken-Liste sind Pätzkes persönliche Aussichten dabei nicht die besten. Aber es gehe ihm nicht ums Gewinnen, „es darf einfach keine Stimme verloren gehen“, sagt Pätzke.


An Infoständen, vor allem aber im persönlichen Gespräch versucht er die Wähler daher für die sozialen Härten des politischen Systems zu sensibilisieren. Pflegenotstand (mehr Beschäftigte im Pflegebereich) und Bildung (die soziale Herkunft sollte nicht über die Schulart entscheiden) liegen ihm ebenso am Herzen wie die Lage auf dem Wohnungsmarkt. „Wohnungen sind keine beliebige Ware, Geborgenheit in der eigenen Wohnung ist ein Grundbedürfnis“, sagt er. Und: „Was gibt mehr Heimat als die eigene Wohnung?“ Den Mangel endlich bekämpfen zählt zu seinen großen Zielen.
Dazu zählt ein weiteres, ganz persönliches, das eigentlich nicht primär in den Landtagswahlkampf gehört. „Deutschland und Bayern muss raus aus der Rüstungswirtschaft“, fordert Pätzke. Fluchtursachen bekämpfe man nicht, wenn in Kriegsgebieten Panzer aus Bayern rollten. Auch dieser Forderung übrigens liegt seine eigene Geschichte zu Grunde: „Mein Vater war Kriegsversehrter.“ Pätzkes Ziel ist nun: „Ich will mich für eine bayerische Bundesinitiative zum bedingungslosen Verbot des Exports von Rüstungsgütern einsetzen.“

Dass er im Wahlkampf auch auf Gegenwind stößt, ist dem Linken-Politiker bewusst. Das halte ihn aber nicht davon ab, „meine Sicht der Dinge, meine Utopie der Zukunft offensiv nach außen zu vertreten.“

Die Landtagswahl-Direktkandidaten im Landkreis Forchheim finden sie hier.

 

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