Wirtschaftsflüchtling ist sein Unwort des Jahres

20.5.2016, 18:09 Uhr
Wirtschaftsflüchtling ist sein Unwort des Jahres

© F.: Herrnleben

Was haben der Kabarettist Urban Priol und Dichterfürst William Shakespeare gemeinsam? Eine ganze Menge, wie sich die Besucher in der rappelvollen „Geck-Arena“ überzeugen konnten. Denn Priol, der Zornbürger mit den wirren Haaren, verabschiedet seine 400 Besucher nach einem fast dreistündigen Programm mit einem Zitat Shakespeares König Lear in die Nacht, das auch für sein neues Programm Pate gestanden haben könnte: Graf von Gloucester ist es, den der Aschaffenburger zitiert, „Das ist die Seuche unserer Zeit: Verrückte führen Blinde.“ Dass Gloucesters Ausspruch in Priols Augen heute aktueller denn je ist, das beweist Priol in seinem nahezu dreistündigen Programm „Jetzt – schon wieder aktueller“.

Ein Ölfass, ein Klappstuhl und ein Tischchen. Das sind die Requisiten, ohne die Priol, die Fans wissen es längst, nie auf die Bühne steigt. Den Stuhl wird er den ganzen Abend nie benutzen, das obligatorische Weißbier wird unangetastet Stund um Stund seine Schaumkrone einbüßen. Denn Priol hat keine Zeit. Rastlos läuft er die Bühne auf und ab, hat seine elektronischen Helferlein dabei, das Smartphone in der Hand, das Tablet am Beistelltischchen, um die Breaking-News, den Live-Ticker, die Event-Nachrichten nicht zu verpassen. Dass just an jenem Abend der Club in der Relegation spielt und Priol für alle fußballbegeisterten Kabarettgänger im Zehn-Minuten-Takt den Spielstand durch die Halle gibt, ist der Running-Gag des Abends. Natürlich kriegen die Fußballfans und alle Franken ihr Fett weg. „Ich hab keine Chance und ich nutze sie! Das ist der Franke“, charakterisiert Priol den Menschenschlag zwischen Main und Wiesent.

Kernige Worte

In einem Parforceritt springt Priol unermüdlich von einem Thema zum nächsten, die Flüchtlingsproblematik zieht sich dabei durch das komplette Programm wie ein roter Faden und natürlich kriegen die Politiker jeder Couleur in kernigen Worten ihr Fett weg. „Brüssel ist das Gut Aiderbichl für lahme Polit-Klepper.“

„Wo geht die Reise mit uns hin?“, fragt Priol ein ums andere Mal ins Publikum. Früher, da wurden die Deutschen als die Oberlehrer gesehen, doch so viele Werte seien weggebrochen. Der Abgasskandal und die Machenschaften von VW und ADAC bringen den Mann in Rage, VW könne doch jetzt zur EM einen neuen "Passat Fifa" als Sondermodell herausbringen, schlägt er vor.

Til Schweiger als Bruce Willis

Wie geht es weiter mit Deutschland, wenn alle Werte wegbrechen? Wenn Wurst auf einmal krank macht und das Reinheitsgebot eine Erfindung der Holländer sein soll, erfunden in der Zeit der holländischen Tulpenkriege? Und was ist mit der deutschen Kultur? „Wir haben unseren Platz beim ESC gehalten“, kommentiert er das miese Abschneiden beim Songcontest. Dass Til Schweiger der deutsche Bruce Willis als Exportschlager für Hollywood herhalten soll, das kann er nicht verstehen. „Was Willis mit dem Heben einer Augenbraue in einer Sekunde schafft, dafür braucht Schweiger 20 Jahre. Der Mann beherrscht nur einen einzigen Gesichtsausdruck und den teilt er sich mit Veronica Ferres.“

Und immer wieder das Thema Flüchtlinge: „Wirtschaftsflüchtlinge“, das sei sein Unwort des Jahres, denn Priols Wirtschaftsflüchtlinge, die bunkern ihr Geld in Panama. Zivilcourage fordert er vor dem Nachhauseweg von allen Bürgern, denn schließlich, „war Moses der erste Schleuser“.

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