Ziemlich demontiertes Eigenheim verkauft

27.11.2015, 17:46 Uhr
Ziemlich demontiertes Eigenheim verkauft

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Beide hatten gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt und so das Gerichtsverfahren erzwungen. Während die Frau mit einer Einstellung des Verfahrens davonkam, wurde ihr Mann zu 60 Tagessätzen à zehn Euro, also 600 Euro Geldstrafe, verurteilt.

Die Vorgeschichte begann 2008 mit der Finanzkrise, die auch Bernd L., einen selbstständigen Versicherungsmakler aus dem Landkreis, mit in den Abgrund riss. „Ich hatte zeitweise ein sechsstelliges Minus auf dem Konto und wusste nicht mehr, woher ich das Geld zum Leben nehmen sollte.“

Aus der Not heraus habe er mit der Demontage des gemeinsamen Eigenheimes begonnen. Dem „Rückbau“, der sich bis 2013 hingezogen habe, fielen nicht nur fast alle Steckdosen zum Opfer, die er „gebraucht für einen Euro“ verscherbelte, sondern auch viele Zimmertüren im Inneren des Hauses sowie Teile der Heizungsanlage, die Steuerung, der Brenner und die Thermostate im gesamten Haus.

Als dann Mitte 2014 nichts mehr zu verkaufen war, geriet das Wohnhaus, in dessen Obergeschoss sich auch das Büro befunden hatte, unter den Hammer. Bei der Zwangsversteigerung im September 2014 bot ein Handwerker aus dem Landkreis 260 000 Euro, ohne einen Blick in das Innere geworfen zu haben. „Er hat niemanden reingelassen“, schilderte ein Zeuge.

Als sich die Tür nach der Zwangsräumung öffnete, bot sich ein chaotisches Bild. „Er hat da ziemlich gewütet“, echauffierte sich der neue Eigentümer, der mittlerweile auch in dem Objekt wohnt.

Ob es sich um Unterschlagung handelte, entzündete sich an der Frage, ob diese im Topf oder in der Erde verwurzelt waren. Im ersten Fall gehörten sie nicht zum Grundstück und konnten straflos entfernt werden. Ähnlich verhielt es sich mit Türblättern, die ausgehängt waren und deshalb anders behandelt werden als eingehängte Türen.

„Das ganze Haus war eine Katastrophe,“ entfuhr es dem Handwerker. „Alle Stromkabel waren fünf Zentimeter hinter der Wand abgetrennt. Das ist gar nicht so leicht zu beheben.“ Dabei hätte es nicht so weit kommen müssen. Das behauptete zumindest der Handwerker, und das Gericht glaubte ihm.

Bernd L. habe von ihm bei einem konspirativen Treffen in einem Café 5000 Euro für „eine geordnete Übergabe“ verlangt, auch um die Umzugskosten zu stemmen und den Einzug des neuen Eigentümers zu beschleunigen. „Auf dieses Geld hatten Sie keinen Anspruch“, stellte Amtsrichterin Silke Schneider klar. Weil der neue Hausherr auf „diese versuchte Erpressung“ nicht eingegangen war, hätte sich Bernd L. gerächt. „Sie werden schon sehen, was Sie davon haben“, habe er gedroht.

Weil er kein eigenes Einkommen und rund 100 000 Euro Schulden hat, blieb Amtsrichterin Silke Schneider bei einem Tagessatz von zehn Euro, was ein monatliches Einkommen von 300 Euro zugrundelegt. Ursprünglich hatte der Strafbefehl noch 70 Tagessätze à 30 Euro (2100 Euro) angesetzt. Die Anklagepunkte der Sachbeschädigung und der Unterschlagung wurden fallengelassen, weil „nicht nachweisbar ist, wann Sie die Türen und Steckdosen entfernt haben.“

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