"Forderungen an mich sind enorm": Mollath im Interview

26.1.2014, 07:00 Uhr

© Matejka

Wir hatten die Gelegenheit Gustl Mollath in der Redaktion Fragen zu seiner persönlichen Situation zu stellen.

Herr Mollath, was hat Sie zum Besuch am Freitagmorgen im Nürnberger Justizgebäude veranlasst?

Gustl Mollath: Ich wollte die Tätigkeit des Anwalts Ahmed in einem Wiederaufnahmeverfahren genießen. Ich habe schon immer versucht, seine Arbeit zu verfolgen, auch als ich in der Psychiatrie weggesperrt war. Auch aus Eigennutz: Das Wichtigste für jemanden in einem sogenannten Bezirkskrankenhaus ist ein ordentlicher Rechtsanwalt, eine ordentliche Verteidigung. Sonst wird es desaströs.

Zum ersten Mal im Gerichtsgebäude an der Fürther Straße seit Ihrer damaligen Verhandlung - was haben Sie empfunden?

Mollath: Zum ersten Mal seit dem 8. August 2006, dem Tag der Verhandlung, als der Vorsitzende Richter Otto Brixner mich niedergebrüllt hat. Dass heutzutage zur Sicherheit Leibesvisitationen gemacht werden müssen, ist klar. Aber wie es von den Bediensteten gemacht wird...

Werden Sie erkannt?

Mollath: Der überwiegende Teil auch der Justizbediensteten erkennt mich, grüßt mich. Mein Bekanntheitsgrad ist mittlerweile sehr hoch.

Wo wohnen Sie in diesen Tagen?

Mollath: Ein paar Tage bei meinem Nürnberger Freund Martin Heidingsfelder - auf einer Matratze. Ich habe gut geschlafen, besser als in den Betten in den sogenannten Krankenhäusern. Eine Wohnung habe ich noch nicht: Ohne Moos nix los.

Sie bereiten sich derzeit mit Ihrem Anwalt Gerhard Strate auf Ihr Wiederaufnahmeverfahren Anfang Juli in Regensburg vor?

Mollath: Ich muss mich gut vorbereiten und jede noch so klägliche Chance hier nutzen. Die Ausgangssituation in anderen Bundesländern wäre natürlich besser. Ich leide nicht unter Verfolgungswahn, ich lehne mich aber auch nicht zurück, sondern versuche, mich perfekt zu präparieren. Die Frage ist: Wie kann ich meine Existenz wieder aufbauen? Langfristig will ich wieder in Nürnberg leben; ich sehe nicht ein, mich vertreiben zu lassen aus meiner Geburts- und Lebensstadt.

Wie sehen Ihre finanziellen Verhältnisse aus?

Mollath: Ich nenne ein Beispiel. Bei Verfahren im Maßregelvollzug, also in der Psychiatrie, haben Sie das Recht auf einen Pflichtverteidiger. Wer einen solchen aber nicht vor dem jährlichen Anhörungstermin beantragt, bekommt auch keinen gestellt. Und Sie müssen ihn bezahlen. Auch die Gutachtenskosten, sogar die Kosten des Entlassgutachtens, werden Ihnen als Patient in Rechnung gestellt. Ich habe im Moment keinen Überblick über die Forderungen, die ich begleichen soll, aber sie müssen immens sein.

Wie haben Sie die jährlichen Anhörungen vor der Strafvollstreckungskammer in Erinnerung?

Mollath: Die kürzeste Anhörung dauerte nur 15 Minuten. Man ist permanent in Beweisnot; die Strafvollstreckungskammer glaubt prinzipiell den Ärzten, den Pflegern. Viele Patienten gehen gar nicht mehr hin, weil sie die Anhörungen für sinnlos halten. Man ist hilflos ausgeliefert. In den Justizgebäuden, auch in Nürnberg, wird laufend Recht gesprochen im Namen des Volkes. Die Systemfehler müssen aufgedeckt werden, damit das Volk entscheiden kann, was in seinem Namen geschehen soll. Macht braucht Kontrolle, wirksame Kontrolle.

Planen Sie ein Buch oder einen Film über Ihre Geschichte?

Mollath: Einige würden sagen: Gustl, geh’ doch einfach nach Neuseeland oder so. Aber das geht nicht. Was in diesen angeblichen Krankenhäusern geschieht, muss aufgedeckt werden, auch mit Hilfe durch das Ausland - die Bundesrepublik selbst schafft das nicht. Natürlich gibt es Begehrlichkeiten, die an einen herangetragen werden, bezüglich eines Buches oder einer Dokumentation.

Lassen Sie sich helfen, sieben Jahre Psychiatrie aufzuarbeiten?

Mollath: Sie meinen durch eine Psychotherapie? Das hier, auch dieses Gespräch, ist Therapie.

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