Franke als erster Motorflieger? Staatsregierung bleibt neutral

20.5.2015, 19:01 Uhr
Gustav Weisskopf aus dem mittelfränkischen Leutershausen vor seinem Motorflugzeug im Jahr 1901 (Archivbild).

© dpa Gustav Weisskopf aus dem mittelfränkischen Leutershausen vor seinem Motorflugzeug im Jahr 1901 (Archivbild).

Die Staatsregierung bleibt im Streit um den ersten Motorflug der Menschheit neutral. Damit müssen die Anhänger der Gebrüder Wright und des aus Franken stammenden Deutschamerikaners Gustav Weißkopf unter sich ausfechten, wer vor über 110 Jahren erstmals in einem motorisierten Flugzeug abhob - Weißkopf im Jahr 1901 oder die Wrights zwei Jahre später.

Die CSU-Mehrheit und ein Beamter des Wissenschaftsministeriums lehnten die von der SPD geforderte Positionierung zu dem Thema am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss ab: "Wir werden uns zu dem Stand (der Diskussion) nicht äußern", sagte der Vertreter des Ministeriums.

Die SPD wollte wissen, wie die Staatsregierung den Streit der Flughistoriker bewertet und ob das Deutsche Museum Weißkopfs Leistungen "angemessen" würdigen kann. Das weltbekannte Münchner Museum sieht bislang keinen Anlass für einen Zweifel am Erstflug der Gebrüder Wright. "Die SPD-Fraktion maßt sich die wissenschaftliche Bewertung nicht an", sagte die mittelfränkische Abgeordnete Helga Schmitt-Bussinger. Doch seien die Belege für Weißkopfs Leistung "eindrücklich".

Weißkopf war Ende des 19. Jahrhunderts in die USA ausgewandert, wo er sich Gustave Whitehead nannte. In Bridgeport im US-Bundesstaat Connecticut unternahm er Flugversuche. Der Flughistoriker John Brown glaubt bewiesen zu haben, dass Weißkopf/Whitehead früher abhob als die Gebrüder Wright. Als Beleg nennt er zahlreiche Zeitungsartikel aus dem Jahr 1901. Doch existiert kein Foto, das den motorisierten Erstflug des Auswanderers zweifelsfrei dokumentiert.

Sowohl die CSU als auch das Ministerium legen Wert darauf, dass das Deutsche Museum in seiner wissenschaftlichen Bewertung frei und unabhängig bleiben soll. "Wir sollten uns nicht in Dinge einmischen, für die wir nicht zuständig sind", sagte die CSU-Abgeordnete Michaela Kaniber. Die Staatsregierung sei nicht die Fachaufsicht des Museums.

Die Grünen hätten zwar auch gerne einen Bericht des Ministeriums gehört, wollen die Sache aber auch nicht überbewerten: "Ich würde es nicht so hoch aufhängen, dass man die Menschheitsgeschichte umschreiben muss", sagte die niederbayerische Abgeordnete Rosi Steinberger.

Mehr Erfolg hatten die Freien Wähler mit ihrer Forderung, dass die Staatsregierung ein Luftfahrtmuseum in Weißkopfs mittelfränkischem Geburtsort Leutershausen unterstützen soll. "Für mich ist das schon ein weltgeschichtliches Ereignis", sagte der FW-Abgeordnete Peter Bauer nach der Sitzung. "Der erste Motorflug steht in jedem Schulbuch drin." Die Erinnerung an Weißkopfs Leistung sei "gesunder Patriotismus".

Doch in Connecticut, wo Weißkopf seine Flugversuche unternahm, sind dessen Leistungen ebenfalls umstritten. Ein Gesetzentwurf, den 14. August zum alljährlichen "Gustave Whitehead Day" zu machen, wurde im Senat des US-Bundesstaats nicht verabschiedet.

Das traditionsreiche US-Wissenschaftsjournal "Scientific American", das zu Beginn des 20. Jahrhunderts über die Experimente Weißkopfs und vieler anderer Flugpioniere berichtete, hält die Argumente der Weißkopf-Fangemeinde für nicht stichhaltig.

Als Beleg dient den Skeptikern unter anderem ein Foto aus dem Jahr 1908: Es zeigt Weißkopf bei einer Flugdemonstration - aber mit einem nicht motorisierten Segelgleiter. Hätte Weißkopf 1901 ein flugtaugliches Motorflugzeug konstruiert, so das Argument, wäre er bestimmt nicht sieben Jahre später wieder mit einem Segelgleiter gestartet.

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