Paukenschlag in der Fürther CSU

21.5.2010, 00:00 Uhr
Paukenschlag in der Fürther CSU

© Thomas Scherer

Anlass für Tiefels rigorosen Schritt »mit sofortiger Wirkung«: Bei Neuwahlen des CSU-Fraktionsvorstands in dieser Woche war der Landwirt aus Ritzmannshof durchgefallen und nicht in seiner Position bestätigt worden. Nur mehr zwei Mitstreiter aus der Ratsmannschaft hielten dem 50-jährigen Kreisvorsitzenden des Bauernverbands die Stange, der erst 2008 den Sprung ins Kommunalparlament geschafft hatte.

Seitdem suchte Tiefel mit Vehemenz und teilweise nicht abgestimmten Vorstößen die öffentliche Aufmerksamkeit und sorgte damit für Zündstoff in den eigenen Reihen. So düpierte er Partei- und Fraktionsführung, als er sich in den Diskussionen um die »Neue Mitte« entgegen der offiziellen CSU-Linie auf die Seite der Kritiker schlug oder als er die Solarenergie scharf attackierte. Kürzlich hatte Tiefel - zuletzt, wie es heißt, ohne Absprache - in der Debatte um vermeintliche »schwarze Kassen« im Rathaus noch nachgebohrt, als die Vorwürfe längst entkräftet waren.

Offenbar brachte dies das Fass zum Überlaufen. Nach Auskunft des im Amt bestätigten Fraktionsvorsitzenden Joachim Schmidt hätten Vorstandswahlen turnusmäßig erst in einem Jahr angestanden, doch das Drängen aus den Reihen der Fraktion sei »zu stark geworden«. Er bedauere die Entwicklung, zumal er versucht habe »zu integrieren«, beteuert Schmidt.

Dennoch macht der Mediziner aus seinem Herzen keine Mördergrube. Es gebe eben »gewisse Spielregeln«, an die sich der streitbare Tiefel nicht gehalten habe - etwa ein geschlossenes Auftreten nach außen hin. Hinter vorgehaltener Hand tuscheln Christsoziale zudem über Tiefels angeblich harschen Umgangston und polemischen Stil, den auch Vertreter der SPD im Stadtrat immer wieder moniert hatten. Von einer »gewissen Vergiftung« des Klimas, die sich bemerkbar gemacht habe, spricht Oberbürgermeister Thomas Jung. Er hoffe, »dass die CSU jetzt die Chance wahrnimmt, zur Sachpolitik und zum gemeinsamen Ringen um die bestmöglichen Lösungen für die Stadt zurückzukehren«.

Die, im Zweifel auch harte, politische Auseinandersetzung werde man freilich weiterhin suchen, sagt Joachim Schmidt, »aber immer mit Maß und Ziel«. Eigenschaften, an denen es Tiefel bisweilen fehle. Dessen Engagement habe »von Anfang an unter schwierigen Vorzeichen gestanden«, so Schmidt. Nach dem Urnengang 2008 habe der Neuling seine Wahl zum Vize mit der Drohung durchgesetzt, andernfalls schon damals der Fraktion den Rücken zu kehren.

Streit um die Richtung

Trotz Schmidts Widerstand bekam Tiefel eine Mehrheit. Wie der Fraktionschef meint, sei das dem Wunsch geschuldet gewesen, nach dem Wahldebakel »wenigstens die 13 verbliebenen Leute zusammenzuhalten«.

Schmidt verhehlt nicht, dass sich der Konflikt schließlich auch zu einem Richtungsstreit in der örtlichen CSU auswuchs. Einem Streit darüber, mit welchen Mitteln man dem schier übermächtig erscheinenden SPD-Stadtoberhaupt in die Parade fahren sollte. »Keine Opposition um der Opposition willen« sei mit ihm zu machen, hat Schmidt stets beteuert - und sich damit nun durchgesetzt. Das Ergebnis der Neuwahl empfinde er als Vertrauensbeweis seiner Fraktion.

Während den dritten Stellvertreterposten - neben den wiedergewählten Birgit Bayer-Tersch und Tobias Wagner - in der CSU-Fraktion ein anderer Landwirt, der Burgfarrnbacher Dietmar Helm, übernimmt, ist das weitere politische Schicksal Tiefels unklar. Fest steht nur: Er bleibt Stadtrat und CSU-Mitglied, wie er auf FN-Anfrage sagte. Denn Probleme habe er nicht mit der Partei, sondern mit der Fraktion, in der »die Wahlverlierer und Besitzstandswahrer« einen Schlag gegen ihn geführt hätten.

Ob er andere Allianzen suchen wird, lässt Tiefel offen. Vorbilder dafür gäbe es in der Fürther CSU reichlich: Anfang der 90er Jahre schloss sich eine dreiköpfige Gruppe von Rebellen unter dem Namen »Unabhängige Christsoziale« zusammen. 2006 dann verließ der Apotheker Jürgen Raum die Fraktion im Zorn, ein Jahr später folgte ihm Gymnasiallehrer Werner Scharl. Beide bildeten zusammen mit Bürgerlisten-Rätin Heidi Lau eine Freie-Wähler-Fraktion, die jedoch bei der folgenden Kommunalwahl eine Schlappe erlitt - und sich danach heillos zerstritt.