15 Jahre Nepalhilfe aus Cadolzburg

"Die Not ist nicht zu vergleichen"

16.10.2014, 06:08 Uhr

© Foto: Losert

Mit bis zu 100.000 Euro an Spenden unterstützt der Verein jährlich Menschen in Not, baut und unterhält Schulen, verhilft Kindern zu einem warmen Mittagessen, Familien zu Toiletten oder einem Lehmofen und Dörfern zu einer Wasserversorgung. Wie hat sich die Arbeit das Vereins entwickelt? Wo werden künftig Schwerpunkte gesetzt? Darüber sprachen wir mit Manfred Losert.

Was hat Sie seinerzeit bewogen, sich in Nepal zu engagieren, Herr Losert?

Manfred Losert: Ich war 1996 das erste Mal auf einer Trekking-Tour in Nepal. Es ist unglaublich, mit welcher Armut man konfrontiert wird, speziell in abgelegenen Tälern. Ich wollte dann nicht nur Bergsteigen, sondern auch etwas zurückgeben.

Was war das erste Projekt, das die Nepalhilfe unterstützt hat?

Losert: Das war das Waisenhaus in Gongabuh. Da lebten 33 Kinder unter unbeschreiblich schlechten Bedingungen. Wir konnten damals aber, da wir noch nicht als Verein organisiert waren und in Nepal keine Gewährsleute vor Ort hatten, keinen Grund erwerben. Wir haben dann mit dem Freundeskreis Nepalhilfe Darmstadt kooperiert, die ein Areal in Pokhara hatten, worauf wir ein Waisenhaus bauen konnten.

Klingt alles so einfach, dabei hatten Sie 2004 gerade einmal 2200 Euro an Spenden gesammelt. Im Vergleich zu den rund 127.000 Euro heuer ein Klacks. Welche Summen braucht es denn, um in Nepal etwas zu bewegen?

Losert: Zwölf Cent kostet eine warme Mahlzeit am Tag für unsere Schulkinder. Im Monat sind das fünf Euro, das entspricht dem Preis von einer Packung Zigaretten. Da gibt es Linsen mit Blumenkohl, Paprika oder Kraut. Manchmal auch Reis, wobei der schon teurer ist. Im Moment versorgen wir 1050 Mädchen und Jungen, bald werden es 1350 sein. Oder unser Lehmofen-Projekt: Für acht Euro errichten von uns beschäftigte Handwerker einen Ofen, die zukünftigen Besitzer müssen einen Euro selbst beisteuern. Indem wir die offenen Feuerstellen aus den Häusern verbannen, minimieren wir die Gefahr von Unfällen und das Risiko von Bronchialerkrankungen.

Früher hat die Nepalhilfe selbst Lastwagenkonvois auf den Weg gebracht oder Container mit Hilfsgütern auf dem Seeweg geschickt. Jetzt helfen Sie vornehmlich mit Geld, warum?

Losert: Die Preise für die Container sind inzwischen so hoch, dass kann man vergessen. Nur ein Beispiel: Ich habe vor wenigen Tagen ein 18 Kilogramm schweres Paket mit dringend benötigten Arzneimitteln für eine unserer Krankenstationen abgeschickt. Das allein hat 90 Euro gekostet.

Der Schwerpunkt der Nepalhilfe liegt inzwischen eindeutig im Bereich Bildung?

Losert: Das kann man so sagen, denn Bildung ist das A und O. Wir haben inzwischen 31 Schulen gebaut oder saniert, dazu drei Computerräume, die der nepalesische Staat zwar vorschreibt, aber nichts dafür tut. Wir unterstützen auch Familien, die es besonders schwer getroffen hat. Und wir wollen durch unsere Ofen- und Toilettenprojekte sowie die Krankenstationen auch die hygienischen und medizinischen Bedingungen verbessern. Wichtig ist die Hilfe zur Selbsthilfe. An unseren Schulen arbeiten Frauen aus den Dörfern als Köchinnen, die Bauern können ihr Gemüse verkaufen und ersparen sich so lange Fußmärsche zu Märkten.

Welche Fixkosten hat die Nepalhilfe für ihre Projekte im Jahr?

Losert: Das sind inzwischen rund 50.000 Euro.

Ihr Spendenaufkommen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Wie kommen Sie zu den Menschen?

Losert: Durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Außerdem haben wir sehr viele treue Spender, von denen wir jedes Jahr etwas bekommen. Ich kümmere mich um die Leute, rufe an, verschicke Bilder von den Projekten, die sie unterstützen. Auch die Spendenquittung gibt es prompt. Durch unsere nepalesischen Mitarbeiter und Inspektionen der Vereinsmitglieder vor Ort gewährleisten wir, dass die Gelder sinnvoll eingesetzt werden und nicht versickern. Jedes Projekt wird Monat für Monat auf den Cent genau abgerechnet.

Neben Schals und Decken verkaufen Sie derzeit auch wieder Ihren Nepalkalender. Welchen Anteil hat der an Ihren Finanzen?

Losert: Wenn wir alle 1000 Stück verkaufen, nehmen wir 10 000 Euro als Reingewinn ein. Also ein Fünftel der momentan pro Jahr benötigten Summe. Wir haben mal mit 50 Stück angefangen, damals habe ich Fotos in Blanko-Kalender geklebt. kein Vergleich zu der jetzigen professionellen Produktion.

Not gibt es doch auch hierzulande. Ist das nicht ein Satz, den Sie öfter zu hören bekommen?

Losert: Das höre ich sehr oft: „Du kümmerst Dich um Leute, die so weit weg sind.“ Aber bei uns helfen eben nicht nur der Staat, sondern auch karitative Vereinigungen oder ehrenamtliche Einrichtungen wie die Tafeln. Das ist in Nepal nicht der Fall. Die Not dort ist mit der Not in Deutschland nicht zu vergleichen.

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