20 Stimmen halten Kirchfarrnbach zusammen

7.11.2016, 06:00 Uhr
20 Stimmen halten Kirchfarrnbach zusammen

© Foto: Petra Fiedler

Die Erste Stimme hebt an, zart, die Frauenstimmen sind zurückgenommen. Chorleiterin Sandra Hufnagel ermutigt den Sopran zu mehr Höhe und lässt letztendlich die Dritte Stimme aufstehen, damit deren Klang besser den Raum erfüllt: „Herr wir stehen Hand in Hand“, wird angestimmt und die Darbietung des Kirchenliedes, die erst schwebend und dennoch das Versprechen auf Trost und Schutz fest untermalend in den Raum gleitet, verrät weit mehr als die gesangliche Qualität des Chores. „Die Gesanggruppe ist für uns Kirchfarrnbacherinnen auch Familie“, sagt Barbara Hühn, seit Januar erste Vorsitzende.

Es muss Beachtung finden, dass sich Chorleiterin und Vorsitzende schon bei der Singgruppe der Kinder eingefunden hatten. „Unser ganzer Stolz war das“, sagt Barbara Hühn, „wenn man lesen kann, darf man zur Gesangsstunde.“

Mit den erwachsenen Frauen singen, dazu gehören und dann in den „großen“ Chor zu wechseln, das hat in Kirchfarrnbach Tradition. Die Buben übrigens, die im Stimmbruch fürs erste das Singen quittieren, wechseln durchaus in die „Eintracht“, den ortsansässigen Männergesangverein und nicht nur auf den Fußballplatz.

Als Vorbilder tauglich

Hochachtung klingt an, wenn Vorstandsmitglied Angelica Schmidt-Heinrich, seit zehn Jahren die Pfarrfrau im kleinen Dorf, von den Vorgängerinnen spricht: „Erika Bayer war fast 50 Jahre Chorleiterin, Karin Henning genau so lange Vorsitzende und beide haben ihre Ämter abgegeben und sich in die zweite Reihe zurückgezogen“. Nach so viel geleisteter Arbeit den Jüngeren das Ruder zu überlassen und sich nicht mehr einzumischen, für Schmidt-Heinrich bezeugt dies wahre Größe und schafft wieder Vorbildfunktion für die jüngeren Frauen.

Rund 20 Frauen aller Altersgruppen bilden die Basis der Singgruppe Kirchfarrnbach. In den letzten Wochen hat man sich wieder um Zuwachs bemüht. „Am 21. Januar 2017 findet das große Jubiläumskonzert in der Dorfkirche statt“, berichtet Barbara Hühn und hofft, dass noch einige Ehemalige, die jetzt im Projektchor dabei sind, bleiben. Das Bleiben lohnt. Eine Chorprobe ist auch soziales Ereignis. Davon zeugt an diesem Abend der würzige Duft von Zwiebelkuchen.

Weit mehr Zeugnis über den Zusammenhalt verraten das Chortagebuch und der volle Terminkalender: Rund 40 Ereignisse sind bereits für 2017 terminiert. Chorproben sind dabei nicht eingerechnet und auch nicht die vielen Auftritte bei runden Geburtstagen, Hochzeiten und auch Beerdigungen. Die Singgruppe wird nachgefragt, gern gehört und ist zum Bindeglied zwischen Neubürgern und Alteingesessenen, Alten und Jungen geworden.

Die Frauen singen mit den Kindern, aber auch mit den Mitgliedern des Männergesangvereins. Andernorts lässt die Moderne den gesellschaftlichen Zusammenhalt platzen wie eine Seifenblase. Das kleine Dorf im Westen des Landkreises singt gemeinsam.

Begonnen hat das 1967. Barbara Hühn hat in ihrer Chronik zusammengetragen, was den Anstoß für die Singgruppe gab: „Die Einführung der neuen Liturgie“. Der Ostersonntag 1967 war ein 26. März und gilt deshalb als offizieller Geburtstag. 50 Jahre später, am 26. März 2017, wird beim von der Gesanggruppe gestalteten Kirchencafé, ein weiteres Mal das Jubiläumsjahr gefeiert.

Gefragte Caterer

Das Badbergfest markiert im Sommer den Höhepunkt in Kirchfarrnbachs Festkalender. Es wird über drei Tage gefeiert. Die Mitglieder der Singgruppe sind dann nicht nur stimmlich, sondern auch als Caterer gefragt. Es könnte sein, dass Angelika Zehnder da alle Hände voll zu tun hat. Sie singt seit über 30 Jahren Sopran und gesteht: „Meine Stimme ist mit Sicherheit nicht die Krönung, ich bin eher für den Kartoffelsalat zuständig“. Dabei grinst die 44-Jährige übers ganze Gesicht.

Anfangs reiner Kirchenchor hat sich die Singgruppe mittlerweile ein beachtliches Repertoire erarbeitet. Neben den geistlichen Liedern hielt Volksmusik Einzug und inzwischen swingt und groovt es auch, wenn modernes Liedgut aus internationalem Bestand gesungen wird. Dass die Noten zu den Stimmen des Chores passen, dafür hat Erika Bayer in den langen Jahren ihres Chorleiterlebens gesorgt. Sie hat die Noten entsprechend umgeschrieben und angepasst. Angelica Schmidt-Heinrich macht auf diese Leistung aufmerksam: „Wir sind mittlerweile bei Stück Nummer 426!“

Die Singgruppe Kirchfarrnbach hat in den letzten Jahren auch alte Traditionen wieder aufleben lassen bzw. neue geschaffen. Dass der Pelzmärtel wieder durchs Dorf streift ist ein Verdienst. Dass der Adventsnachmittag für Senioren zu einem Adventszauber für alle wurde ein weiterer.

Allerdings gebe es da schon auch einen Wermutstropfen, erzählt Vorsitzende Barbara Hühn und lächelt verschmitzt: „Trotz jährlicher, unermüdlicher Wiederholung unseres Evergreens ,Leise rieselt der Schnee’, ist uns Frau Holle nur selten entgegengekommen.“

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