22 Reichsbürger in Stadt und Landkreis Fürth

28.10.2016, 11:00 Uhr
22 Reichsbürger in Stadt und Landkreis Fürth

© Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Am Mittwoch vor einer Woche hatte ein 49-jähriger so genannter Reichsbürger bei einer Razzia in seinem Wohnhaus in Georgensgmünd (Kreis Roth) das Feuer eröffnet und auf Polizisten geschossen. Ein SEK-Beamter erlag seinen Verletzungen. Innenminister Joachim Herrmann kündigte daraufhin ein entschlosseneres Vorgehen gegen die Reichsbürger-Bewegung an, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnet und das bestehende Rechtssystem nicht anerkennt. Er forderte eine systematische Überprüfung dieser Leute auf etwaigen Waffenbesitz. Eine schriftliche Order erhielten die Kreisverwaltungsbehörden umgehend.

Seitdem sammelt Fürths Ordnungsamtschef Hans-Peter Kürzdörfer, was ihm Kollegen aus anderen Ämtern liefern: Namen, Schriftwechsel, persönliche Eindrücke. Denn: „Es gibt ja keine Datenbanken, wo man auf Knopfdruck anfragen könnte, wer in Fürth Reichsbürger ist und wer nicht.“

Im Ordnungsamt kommt also zusammen, was sich dokumentieren lässt an Auftritten und Behauptungen angeblicher Angehöriger eines „Bundesstaats Bayern im Deutschen Reich“, renitenter Bußgeld-Verweigerer und Verfasser langer Pamphlete mit Fantasiestempeln. Hier ordnet man vorerst drei Männer und drei Frauen im Alter zwischen 43 und 49 Jahren der Reichsbürger-Szene zu, die als Sammelbecken für Spinner, Verschwörungstheoretiker und gewaltbereite Rechtsextreme gilt.

Hinzu kommen fünf Personen, die weggezogen sind – eine wohnt jetzt im Landkreis Fürth. Zwei der sechs, ein Mann und eine Frau, haben laut Kürzdörfer eine waffenrechtliche Erlaubnis. Sie dürfen – je nach Einzelfall – scharfe Schusswaffen (im Fall des kleinen Waffenscheins Schreckschusswaffen) besitzen und/oder mit sich führen, sammeln, damit handeln. Die Stadt will die Erlaubnis widerrufen, muss den Besitzern aber die Chance geben, sich zu erklären. Distanzieren sie sich nicht von den Reichsbürger-Gedankengebilden, müssen sie ihre Waffen abgeben. Tun sie auch das nicht, kommt, wie in Georgensgmünd, die Polizei, um sie zu holen.

Ein Einsatz, zu dem es im Zusammenhang mit der Reichsbürger-Szene bereits im September in Fürth gekommen ist, lag anders. Wie Polizeisprecherin Elke Schönwald auf Nachfrage sagte, hat die Polizei „bei der Vollstreckung einer Zwangspfändung Amtshilfe geleistet“. Der Gerichtsvollzieher habe den Schuldner dann nicht angetroffen, dessen „Gesinnungsgenossen“ aber hätten den Polizisten an Ort und Stelle klar machen wollen, dass diese für den Einsatz „nicht legitimiert“ seien. Den Fall prüft jetzt die Staatsanwaltschaft.

Schönwald zufolge ordnet auch die Polizei in Stadt und Landkreis Fürth „eine niedrige zweistellige Zahl“ Personen der Reichsbürger-Bewegung „im weitesten Sinne“ zu. Deren Motive seien sehr verschieden, manchen gehe es nur darum, sich der Zahlung von Steuern und Abgaben zu entziehen“. Bei der Polizei selbst, sagt sie, „gibt es nach unseren Erkenntnissen in Mittelfranken keine Reichsbürger“.

Dem Landratsamt sind 16 Personen bekannt, deren Zugehörigkeit zur Szene nun geprüft wird. In zwei Fällen kommt ein waffenrechtliches Widerrufsverfahren in Gang. Von den 16 mutmaßlichen Reichsbürgern sind zwei in Zirndorf in Erscheinung getreten, einer wollte Bürgermeister Thomas Zwingel persönlich davon überzeugen, dass dieser nicht Rathauschef, sondern Geschäftsführer einer GmbH sei.

Die Stadt Oberasbach erhielt von einem ihrer Bürger jüngst seitenweise krude Begründungen dafür, warum er partout keinen Personalausweis haben will. Und ein Steiner wollte heuer zwar einen Ausweis haben, sah aber nicht ein, dass er dafür ein biometrisches Foto vorlegen muss. Begründung: Das habe es im Deutschen Reich nicht gegeben.