6000 Quadratmeter gegen ein Neubaugebiet

22.2.2010, 00:00 Uhr
6000 Quadratmeter gegen ein Neubaugebiet

© Hans-Joachim Winckler

Oberbürgermeister Thomas Jung erklärte bei einer Bürgerversammlung am Freitagabend den Verzicht auf die Bebauung eines 6000 Quadratmeter großen Schulgrundstücks am Rennweg. Doch das Ausweisen eines 300 000 Quadratmeter großen Baugebiets am nördlichen Ortsrand zwischen Main-Donau-Kanal, Südwesttangente und Stadtwald hält er zur Stadtentwicklung für unabdingbar.

Eine Woche nach der gut besuchten Auftaktveranstaltung des neuen Vereins Rettet Fürberg im Hotel Forsthaus – wir berichteten - hatte der Bürgerverein Fürth-West zur Aussprache mit der Stadtspitze zum TV Fürth geladen. Es begann chaotisch: Wegen Überfüllung musste die Versammlung kurzfristig aus dem Jugendraum auf die Turnhallenbühne verlegt werden.

Mit einem Plädoyer für die Weiterentwicklung der Stadt warb Jung um Verständnis für das Großprojekt. «Verheerende Folgen für die Infrastruktur» sagte der OB bei einem Verzicht auf Wachstum voraus. Nicht nur steigende Wohnraumansprüche durch zunehmende Singlehaushalte hat Jung dabei vor Augen.

Angebot weckt Nachfrage

Der Bedarf, so sein Credo, werde auch durch ein attraktives Angebot und gute Vermarktung geweckt. Das meint auch Baureferent Joachim Krauße. Mit Verweis auf die starke Zunahme der Baugenehmigungen in Fürth: 2007 waren es noch 150, 2008 schon 300 und letztes Jahr 500, und das von Innenminister Joachim Herrmann festgestellte Defizit von 91 000 Wohnungen allein in Mittelfranken sieht der OB in der Ausweisung des Oberfürberger Wohngebiets für rund 2000 Menschen ein Gebot der Stunde.

Alternative Entwicklungspotenziale habe Fürth nicht mehr. Während in Oberfürberg alle 18 Grundeigentümer – der Stadt gehört ein Drittel der Fläche – die Bebauung anstreben, stünden Bauvorhaben auf vergleichbaren Flächen mancherlei Hindernisse im Weg. Auf dem nahen Reichsbodenfeld etwa der Lärm von der Südwesttangente. Die führt zwar auch am Oberfürberger Baugebiet vorbei, hier soll das Problem jedoch mit einem 15 bis 18 Meter hohen Lärmschutzwall gelöst werden.

In fünf Bauabschnitten will die Stadt das bisher landwirtschaftlich genutzte Gelände von Ost nach West besiedeln. Damit soll gewährleistet werden, dass nicht über den Bedarf hinaus gebaut wird. Man könne bei nachlassender Nachfrage jederzeit aufhören, gab Jung zu bedenken.

Auch der Baureferent bemühte sich, den Versammelten die Ängste vor einem Siedlungs- und Verkehrschaos zu nehmen. Vom Charakter her werde das neue Wohngebiet ein Abbild der bestehenden Siedlung sein. Der über die verlängerte Straße am Europakanal abgeleitete Verkehr dürfte nach Kraußes Überzeugung keine unlösbaren Probleme bereiten. Zugleich trat der Baureferent dem Exklusivitätsanspruch entgegen: «Wenn Oberfürberg ein so schönes Wohngebiet ist, warum sollten dann nicht noch ein paar mehr Menschen hier leben dürfen?»

Dass das Großprojekt alle staatlichen Appelle zum sparsamen Umgang mit den nicht beliebig vermehrbaren Freiflächen konterkariere, merkte der Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), Reinhard Scheuerlein, an. Bevor die grüne Wiese am Stadtrand geopfert wird, sollten besser Flächenpotenziale in der Stadt genutzt und bestehende Bausubstanz verdichtet werden. Die Anbindung des Oberfürberger Baugebiets mit dem öffentlichen Nahverkehr sei noch schlechter als die der Egersdorfer Waldsiedlung.

Scheuerlein: «Fürth hebt sich nicht von den Baugebieten im Landkreis ab.» Eine Folge dieser Siedlungspolitik wird nach den Worten des BN-Kreisvorsitzenden die weitere Zunahme der Verkehrslärmbelastung sein. Das wiederum erschwere die Bebauung vorhandener Freiflächen neben den städtischen Verkehrsadern nur noch mehr. Der Baureferent macht aber eine andere Rechung auf: «Je mehr Menschen in Oberfürberg wohnen, desto besser wird auch Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.» Fragen nach einem Verkehrsgutachten blieben in der hitzigen und langen Debatte jedoch ebenso unbefriedigend beantwortet wie die nach den wirtschaftlichen Hintergründen der Vermarktung Areals. So dicht wie im Zirndorfer PinderPark soll die Bebauung in Oberfürberg-Nord nach Ansicht des Baureferenten keinesfalls ausfallen.

Noch sei zudem fraglich, ob das vorsorglich eingeplante Ladenzentrum überhaupt benötigt werde. Einen eigenen Kindergarten brauche das Baugebiet definitiv nicht, meinte der OB. Jung betonte zudem, dass das Projekt noch Gegenstand vieler Beratungen und Diskussionsrunden sein werde.

Der Verein «Rettet Fürberg» trifft sich am 18. März um 19 Uhr voraussichtlich wieder beim TV Fürth. Telefon: (09 11) 78 70 35 06 Internet: www.rettet-fuerberg.de