Abba-Kult: Glitter, Glimmer, Ganzkörperfräcke

14.1.2018, 12:00 Uhr
Abba-Kult: Glitter, Glimmer, Ganzkörperfräcke

© Foto: Edgar Pfrogner

Man kann sie mögen. Oder auch nicht. Doch Anni-Frid, Benny, Björn und Agnetha haben so oder so Pop-Geschichte geschrieben. Das liegt nicht nur daran, dass wahrscheinlich jeder auf Anhieb irgendeinen Abba-Song anstimmen kann, sondern hat sehr viel damit zu tun, dass die Fähigkeiten der beiden Männer im schlagbehosten Quartett schlicht großartig waren. Viele von Benny Anderssons Kompositionen und Björn Ulvaeus’ Texten sind von einer Vielschichtigkeit und Raffinesse, die sie in Verbindung mit einer absolut ausgefeilten Studiotechnik bis heute aus der Flut des vergänglichen Dudel-Pops herausragen lassen.

Zur Kunst der Abba-Macher gehört freilich auch, dass ihre Werke mit einer Leichtigkeit ins Ohr flutschen, die komplett vergessen lässt, was für eine Perfektion in jedem Detail steckt. Genau hier beginnt das Dilemma der ungezählten Cover-Bands, die sich der Musik der Meister widmen. Denn vor der Rekonstruktion des lupenreinen Abba-Sounds steht erst einmal ein großes Aber. Wie in "Aber sind denn Stimmen am Start, die den beiden Original-Sängerinnen gerecht werden?"

Ein Punkt, bei dem vor allem Angela Castellani in der Fürther Stadthalle gut abschneidet. Die Italienerin übernimmt den anspruchsvollen Part, den einst die blonde Agnetha Fältskog mit ihrem enormen Tonumfang unverwechselbar prägte. Castellani wird mit ihrem klaren Sopran der Herausforderung gerecht, ihre Stimme trägt durch die diffizilen Passagen. Kraftvoll und leicht metallisch klingt das und hat wenig von der komplexen emotionalen Tiefe, die Agnetha in der letzten Band-Phase einbrachte.

Auf ihre Weise gelingt es Castellani im besten Fall allerdings, den Liedern ein Stück weit einen eigenen Stil zu geben. Ebenso gut ist die Rolle, die Anni-Frid Lyngstad damals im Schweden-Vierer besetzte, mit Irene Pertile vertreten. Die italienische Sängerin gleitet passgenau in ihre Funktion, bei den typischen zweistimmigen Passagen wollen die beiden aber leider nicht so recht zusammenfinden.

Carlo Gorio (Gitarre) und Luca Zabbini (Piano und Keyboard) stehen neben der unterstützenden Band (Olivia Thissen und Miriam Romano als Background-Sängerinnen, Stefano Zanon am Schlagzeug und Pier Brigo am Bass) auf der Bühne. Gemeinsam arbeiten die versierten Profi-Musiker daran, den vertrauten Sound zu erzeugen.

Warum die Bühnenschau unter anderem darin bestand, in regelmäßigen Abständen grelle Scheinwerfer auf Augenhöhe in die Zuschauerreihen zu richten, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Offensichtlich war, dass eine professionelle Choreografie dem Auftritt gut getan hätte. Dafür boten die Kostüme beinahe schon rührende Reminiszenzen an die Fashion-Delikatessen, die Abba ins Scheinwerferlicht trugen. Satin, Glimmer und Ganzkörperfräcke werden wohl bis in ferne Zukunft beim Betrachter nur einen Gedanken wecken: Waterloo.

Punkten konnte der Tribut-Abend in der nicht ausverkauften Halle eindeutig in Sachen Stimmung. Spätestens nach der Pause, als beim Start in die zweite Halbzeit "Gimme! Gimme! Gimme!" mitriss, wurde überall getanzt, wurden Arme geschwenkt und leidenschaftlich im Takt gewippt. Die Magie der Abba-Songs, die nicht nur für Fans aufgeladen sind mit persönlichen Erinnerungen, hatte da längst ihre volle Wirkung entfaltet.

Die hochmotivierten Musiker aus Italien, die auf Englisch durch ihr Programm führten, versprachen ihrem Publikum zwar, nach der Show noch einmal fürs Händeschütteln und für Handyfotos vorbeizuschauen, schenkten sich allerdings – Mamma Mia! – eine Zugabe. Aber: Haben sich die Fans nicht seit bald 36 Jahren ohne wenn und Abba daran gewöhnt, dass nichts mehr kommt von den vier Giganten?

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