"Abfallgeschäft heißt nicht, auf einer Mülldeponie zu leben"

26.12.2017, 11:00 Uhr

© Foto: Hans-Joachim Winckler

"Wenn ich im Winter morgens im Dunkeln ins Büro gekommen bin, musste ich erst mal mit dem Fuß aufstampfen, um die Ratten zu verjagen", erinnert sich Gabriele Engl, früher Mitarbeiterin beim Schrotthandel Adamec, der vor über zwei Jahren Insolvenz angemeldet hat.

Heute ist Engl Standortleiterin bei der AWF, die das Gelände aus der Insolvenzmasse gekauft hat. Sie habe seinerzeit immer wieder mal Vorschläge gemacht, wie sich Arbeitsabläufe verbessern ließen, sei damit bei ihrem Ex-Chef jedoch auf taube Ohren gestoßen, blickt Engl zurück und sagt: "Man resigniert irgendwann."

Gute, autobahnnahe Lage

Wie einen Befreiungsschlag habe sie darum das große Aufräumen empfunden, das AWF-Geschäftsführer Detlef Thom im Sommer 2016 angestoßen hat. "Was wir hier vorgefunden haben, war ein Schandfleck", bilanziert Thom. Die 5000 Quadratmeter großen Hallen seien beispielsweise teils randvoll mit Müll und nicht mehr zugänglich gewesen. Acht Monate habe das große Aufräumen auf dem Schrottplatz gedauert; zirka eine halbe Million Euro nahm AWF dafür und für die Entsorgung der Altlasten — unter denen aber "kein richtig giftiges Material" gewesen sei — in die Hand. Die Motivation dabei: Mittelfristig von der guten Lage des Firmengeländes, unweit des Stadtzentrums und der Autobahn, zu profitieren.

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Mit einem ausgeglichenen Geschäftsergebnis rechnet Thom 2018 bei einem Umsatz von rund einer Million Euro. Wie der Experte betont, sagten die Erlöse bei einem Schrotthandel jedoch relativ wenig aus, da dieser stark von den jeweiligen Marktpreisen für die einzelnen Wertstoffe abhängt, die nun mal stark schwanken.

"Wir wollen, dass das hier vernünftig aussieht", betont Thom. "Abfallwirtschaft heißt nicht, auf einer Mülldeponie zu leben." Die Kunden von AWF seien etwa zu je einem Drittel Privatpersonen — die meist nur einmal kämen, etwa, wenn sie renovierten —, mittelständische Handwerksbetriebe und Schrottsammler sowie größere Unternehmen, schätzt Engl. Sie bringen zum Beispiel ausgediente Autobatterien, Bremsscheiben, Bad- und Küchenarmaturen, Duschschläuche, Kfz-Schilder, Pfannen und Kabel.

Die derzeit zehn Mitarbeiter von AWF, die vom Vorgänger übernommen worden sind, beurteilen dann die Qualität des Materials, wiegen und sortieren es — nach Wertstoff und Reinheit bei Buntmetallen wie Aluminium, Kupfer, Messing und Zinn oder nach Dicke des Eisenschrotts. "Das ist in den Köpfen der Menschen verankert: Schrott wirft man nicht weg, dafür kriegt man Geld", sagt die Standortleiterin. "In dem Bereich haben wir eine sehr hohe Recyclingquote", bestätigt Thom.

Neben dem Schrotthandel betreibt AWF eine kleine Schlosserei für Reparaturen, erledigt den Umschlag von gesammelten Batterien für weite Teile Bayerns und von Glascontainern. Ab Januar werde auf dem Areal in der Karolinenstraße außerdem ein weiterer Mieter seine Bau- und Bürocontainer lagern, skizziert Geschäftsführer Thom. Vorstellbar sei ferner, noch eine Firma mit ins Boot zu holen, die neue Mülleimer vertreibt und bei AWF zwischenlagern würde. Große Freiflächen würden auf dem Gelände aber trotzdem bleiben.

Neuland betreten

Engl arbeitet seit fast vier Jahrzehnten in der Abfallwirtschaft und dem Schrotthandel — früher war sie vor allem in der Buchhaltung und dem Schrottnachverkauf tätig. Durch den Arbeitgeberwechsel habe sie sich in neue Bereiche vorgewagt, bilanziert die Standortleiterin. Neuland habe sie beispielsweise betreten, als es galt, die riesige Schrottschere zurückzubauen und deren Bestandteile abzutransportieren und zu entsorgen. Derzeit rätselt Engl, wie sie ein 15 Tonnen schweres Metallteil loswerden kann, das bei Bauarbeiten im Boden zum Vorschein kam.

Im Zuge des großen Reinemachens 2016/17 habe AWF über 1000 Tonnen Müll, weitere 200 Tonnen Sonderabfälle und gut 2000 Tonnen Schrott abtransportiert, berichtet Thom, der seit 25 Jahren in der Entsorgungswirtschaft zuhause ist. Er sagt: "Wir hatten den Mut, hier aufzuräumen. Unser Modell ist Schrott rein, Schrott raus. Wir wollen keinen Müll da haben." Stolz ist Thom auf die Frauenquote von 100 Prozent in der Verwaltung von AWF — neben Engl arbeiten dort noch zwei Damen in Teilzeit.

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