Abschiebehaft: Jung reagiert empört auf Vorwürfe

13.12.2018, 16:00 Uhr
Wünscht sich ein schärferes Vorgehen gegen ausreisepflichtige Straftäter: OB Thomas Jung.

© Hans-Joachim Winckler Wünscht sich ein schärferes Vorgehen gegen ausreisepflichtige Straftäter: OB Thomas Jung.

Seine Kritik richtet sich an den Bayerischen Flüchtlingsrat, den Deutschen Gewerkschaftsbund und das Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Ein 37-Jähriger, der in Fürth geboren wurde, aber die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, soll Anfang November im Pegnitzgrund eine Frau vergewaltigt haben. Es zeigte sich, dass der Mann nach mehreren Straftaten ausreisepflichtig, sein Pass aber verschwunden war. Weil er sich weigerte, Unterlagen für Ersatzpapiere auszufüllen, sah die Fürther Ausländerbehörde keine Möglichkeit, ihn abzuschieben.

Mit Blick auf diese "Rechtslücke" forderte Jung eine härtere Gangart. Es gehe nicht an, dass ausreisepflichtige Straftäter einen Aufenthalt erzwingen könnten. Zeigten sie sich nicht kooperativ, seien sie in Abschiebehaft oder Ausreisezentren unterzubringen.

Bündnis und DGB warfen dem OB vor, die Vergewaltigung zu instrumentalisieren: Sie betonten, "Straftaten wie diese entsetzliche Vergewaltigung" seien selbstverständlich zu ahnden und die Täter zu verurteilen. Zugleich sei es aber gefährlich, den Fall zu verwenden, um – wie Rechtspopulisten und Rechtsextreme – härtere Abschiebegesetze zu verlangen. Bereits jetzt werde Abschiebehaft oft zu Unrecht angeordnet; aus Verzweiflung nähmen sich jedes Jahr Menschen in diesen Haftanstalten das Leben. Der 37-Jährige sei in Fürth aufgewachsen und sozialisiert worden. "Daraus wird offensichtlich, dass Gewalt gegen Frauen ein Problem in unserer Gesellschaft darstellt und nicht importiert worden ist." Der Bayerische Flüchtlingsrat warf Jung "soziale und rassistische Spaltung" vor und forderte ihn auf, den Rechtsstaat zu verteidigen statt eine "ganze Menschengruppe" zu diffamieren und unter Generalverdacht zu stellen.

Dem hält der OB nun in einer Pressemitteilung entgegen: "Gerade weil ich den Rechtsstaat verteidigen will, wünsche ich mir einen Rechtsstaat, der das Recht auch anwendet." Dies habe allen Bürgern gegenüber gleichermaßen zu geschehen, ob es um die Steuer- oder um die Ausreisepflicht gehe.

Jung weist darauf hin, dass die Willkommens- und Flüchtlingspolitik der Stadt unter seiner Verantwortung bundesweit gelobt wurde und erklärt: "Daran hat sich bis heute nichts geändert." Nach Angela Merkels Satz "Wir schaffen das" 2015 waren Medien auf Fürth aufmerksam geworden, weil sich in der Stadt rasch vorbildliche Strukturen der Flüchtlingshilfe bildeten. In TV-Sendungen berichteten Sozialreferentin Elisabeth Reichert und Sozialamtschefin Michaela Vogelreuther, wie die Fürther die Herausforderungen meistern.

Wer hier lebende "rechtstreue" Migranten vor Gewaltverbrechern und vor Ablehnung in der Bevölkerung schützen wolle, so der OB, müsse nicht nur Integration fördern, sondern auch "diejenigen, die durch abscheulichste Gewalt und Straftaten ihr Aufenthaltsrecht verwirken, konsequent abschieben". DGB, Bündnis und Flüchtlingsrat empfiehlt Jung, "ihren ideologischen Ballast" abzuwerfen und mit ihm gemeinsam den Rechtsstaat zu verteidigen. "Ungeheuerlich" nennt er den "billigen Versuch", seine Ansichten als populistisch zu diffamieren und ihn damit "in eine rechte Ecke zu stellen".

"Breite Zustimmung"

Als Vorsitzender der Lebenshilfe wie auch als Oberbürgermeister setze er sich für die Schwachen und zu Schützenden in der Gesellschaft ein. "Wenn ich diese Menschen jetzt auch vor ausreisepflichtigen Gewalttätern schützen will, ist das aus meiner Sicht ehrenhaft und verdient Unterstützung statt ideologische Agitation auf niedrigstem Niveau." Eine "Vielzahl" unterstützender Briefe, E-Mails und Online-Kommentare zeige ihm, so Jung weiter, "dass meine Haltung nicht nur mehrheitsfähig ist, sondern auf außergewöhnlich breite Zustimmung" stößt. Dies ermutige ihn, seinen Kurs beizubehalten und weiterhin auch unbequeme Überzeugungen auszusprechen.

20 Kommentare