Pfarrer Wittenberg nimmt Abschied von Stein

2.6.2015, 06:00 Uhr
Pfarrer Wittenberg nimmt Abschied von Stein

© Foto: Dieter Lang

Herr Pfarrer Wittenberg, das Verkünden des Wortes war Ihnen in Ihrer Amtszeit ein besonderes Anliegen. Wechseln Sie deshalb ans Predigerseminar?

Tobias Wittenberg: Die Predigt war und ist mir immer ein großes Anliegen. Aber auch wenn es Predigerseminar heißt, geht es nicht nur darum, sondern um die gesamte Ausbildung von Vikaren. Der Wunsch, Vikare und Vikarinnen auf ihrem Weg zu begleiten, ist in mir schon länger entstanden.

Auch wenn Sie nicht weit von Stein weggehen – Sie werden künftig mit Ihrer Familie in Fürth wohnen – fühlen Sie Wehmut?

Wittenberg: Auf jeden Fall. Wir waren als Menschen hier sozial verankert. Es sind Freundschaften entstanden. Ein gutes, nahes Vertrauensverhältnis ist in meinem Beruf besonders wichtig, man begegnet sich nicht nur auf einer professionellen Ebene, da hinterlassen Menschen Spuren. Ja, ich bin traurig, wenn ich gehe, freue mich aber auch auf die schöne neue Herausforderung.

Gleichzeitig geht der Alltag in einer Gemeinde weiter. Sie sind als Chef der Kirchengemeinde auch für die Verwaltung zuständig. So kurz vor demAbschied gibt es sicher noch viel zu tun?

Wittenberg: Ja, das ist schon eine merkwürdige Stimmung. Vieles habe ich noch geregelt, manches wird liegen bleiben. In der Gemeinde wird es zirka ein halbes Jahr eine Vakanz geben. Pfarrer Reiner Redlingshöfer aus Deutenbach wird die Verwaltung der Martin-Luther-Gemeinde übernehmen. Auch für Hochzeiten, Taufen oder Beerdigungen ist er Ansprechpartner. Natürlich ist unsere Diakonin sehr engagiert, ebenso die vielen Ehrenamtlichen und noch bis August auch der Vikar.

Blicken Sie doch noch einmal zehn Jahre zurück. Wie war das damals, als Sie aus der Gemeinde St. Paul in der Fürther Südstadt nach Stein kamen?

Wittenberg: Daran erinnere ich mich gut. Stein war für mich heller, weiter und auch wohlhabender. Es kam mir im besten Sinne dörflich vor. Das heißt für mich, die Menschen achten aufeinander, oftmals musste niemand in Notsituationen eingreifen, weil sich schon die Nachbarn kümmerten.

Und heute?

Wittenberg: Die Zusammenarbeit in der Gemeinde ist bis heute positiv geblieben. Das Dörfliche, meine ich, ist weniger geworden. Hinzugekommen ist während meiner Amtszeit die Krippe Gräfin Katharina und der Umbau des Gemeindezentrums.

Was waren für Sie die Höhepunkte während der zehn Jahre in Stein?

Wittenberg: Die Steiner Sonntags-Spezial-Gottesdienste. Ein Format mit moderner Musik und kreativen Elementen — da hat es einiges gegeben, was mir in Erinnerung bleibt. Natürlich auch die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Kirchvorstand, wo ich immer einen Vertrauensvorschuss bekam, auch wenn es mal Differenzen gab oder ich einen Fehler gemacht habe.

Wie empfanden Sie die Tätigkeiten, die zum seelsorgerischen Alltag gehören – zum Beispiel die Vorbereitung auf die Konfirmation?

Wittenberg: Wenn es gut gelaufen ist, kamen Jugendliche, die der Kirche fern waren und die dann nach ihrer Konfirmation noch vier bis fünf Jahre bei uns blieben. Ich denke, da ist eine Saat gesät worden, die eines Tages aufgehen wird. Aber natürlich gibt es auch frustrierende Momente. Persönlich habe ich in Stein gelernt, da nicht zu resignieren, nicht bitter zu werden.

Zu Ihrem Schatz der Steiner Anekdoten können Sie sicher auch zählen, dass Sie in einer Patronatskirche tätig waren. Der Patron Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell, dessen Vorfahre der Kirchenstifter war, hat Sie schließlich eingestellt. Hochzeiten und Taufen im Hause Faber-Castell gehörten auch zu Ihren Pflichten.

Wittenberg: Gerne erfüllte Pflichten unter großer Anteilnahme der Steiner Bevölkerung. Es war schon eine facettenreiche Besonderheit.

Andere Pfarrer reden auch bei Angelegenheiten der Kommune ein Wörtchen mit. Das ist nicht Ihre Art, oder?

Wittenberg: Einige wenige Male habe ich öffentlich Stellung bezogen. Beim Forum wurde unsere Meinung als Träger öffentlicher Belange gehört und da haben wir unsere Kritik und Bedenken auch offen dargestellt. Aber grundsätzlich sehe ich meine Hauptaufgabe darin, das Evangelium zu verkünden.

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