Advent, Advent: 24 Säckchen, voll mit kleinen Schätzen

29.11.2015, 08:00 Uhr
Advent, Advent: 24 Säckchen, voll mit kleinen Schätzen

© Foto: Mascha Brichta/dpa

Für Johanna (4) wird die Sache mit dem Adventskalender heuer eine Premiere und für ihr Brüderchen Jonas (1) sowieso: Die Eltern der beiden haben sich nämlich überlegt, dass es doch charmanter wäre, den Kindern die Zeit bis Weihnachten mit einem selbst bestückten Kalender zu versüßen. Wobei der Begriff „versüßen“ nicht zu wörtlich genommen werden sollte, denn gerade die Süßigkeiten möchte Elke Leibinger aus Fürth damit auch etwas in den Hintergrund rücken. „Jeden Tag bloß Schokolade ist ja auch nix“, findet die 38-Jährige.

Wer sich — vielleicht jetzt noch, auf den letzten Drücker — für die kreative Lösung entscheidet, kann mit selbst klebenden goldenen Schmucksternchen, weihnachtlicher Dekofolie, Filz und Bändchen ohne großen Aufwand alles Mögliche in 24 Schatzkästchen verwandeln: Socken, Butterbrottüten, Säckchen, Socken, Einmachgläser. . .

Edna Havenga (45), Mutter dreier Töchter im Alter von sieben, 13 und 16 Jahren hält den Aufwand in Grenzen. Ende November windet sie traditionell einen festen Draht mit 24 Geschenkpäckchen um die doppelflügelige Tür zum Wohnzimmer. Jedes Geschenk enthält dann Aufmerksamkeiten für gleich alle drei Töchter. Auch Elke Leibinger ging diesen Teil ihres Do-it-yourself-Projekts pragmatisch an. Im Discounter kaufte sie zwei Metallringe, an denen je 24 Ringelsöckchen baumeln.

Danach stand die Mutter trotzdem noch 48 Mal vor der Frage: Was soll da rein? Kleinigkeiten, das war klar. Nur: „Was ist eine Kleinigkeit und trotzdem nicht sinnlos?“ In Kinderzimmern, meint die Mutter, sammle sich „sowieso so viel unnützer Krusch“ an, weshalb sie Ein-Euro-Shops beispielsweise erst gar nicht ansteuern wollte. Dana Urban von der in Fürth ansässigen Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) meint, für Kinder sei es besonders schön, wenn die kleinen Geschenke gemeinsame Zeit mit der Familie versprechen. Wer morgens ein Pixibuch im Kalender findet, kann sich auf das Vorlesen am Abend freuen. Verstecken sich Ausstechförmchen hinter den Türchen, lässt das Plätzchen-Backen sicher nicht lange auf sich warten. Wenn das Kind gern malt, rät Urban, könnte man an einem Tag einen Pinsel und an einem anderen Tag eine besondere Farbe hinter den Türchen verstecken.

Elke Leibinger war wochenlang latent auf der Suche nach Dingen, die die Augen ihrer Kinder leuchten lassen. Gefunden hat sie — aber pssst, noch sind das Überraschungen! — Karten- und Fädelspiele, Flummis, Duschgels, ein kleines Werkzeug-Set, das sich in Hammer, Säge und mehr zerlegen ließ — und, jawohl, auch den ein oder anderen Schokoriegel.

Billig ist das Ganze nicht. Die zweifache Mutter schätzt, dass sie pro Kalender 25 bis 30 Euro investiert hat. Aber: „Es ist schön zu gucken und sich Gedanken zu machen. Und es hilft mir, mich auf Weihnachten einzustimmen.“ Hört sich fast nach einer Fortsetzung des individuellen Adentskalender 2016 an. Aber Leibinger ist jetzt erst einmal gespannt, was für Augen Jonas und Johanna machen, wenn sie am Dienstag ihre Kalender im Wohnzimmer entdecken. . .

Eine Premiere anderer Art erlebt an diesem Morgen auch der Nachwuchs von Familie Stöckert in Fürth. Denn: Maja (2), Emil (6) und Mia (8) bekommen dann erstmals einen gekauften Kalender. Bisher gab es stets von Mama persönlich und mit viel Liebe gefüllte Säckchen oder Täschchen. Aber heuer, erzählt Denise Stöckert (34) belustigt, wollten ihre Großen mal einen „richtigen Kalender“ aus dem Laden. Die Mutter entschied sich für drei Playmobil-Modelle und meint, finanziell hielten sich das die Waage mit ihren Eigenkreationen.

„Heimlich wünsch’ ich mir ja. . .“

Stöckert betrachtet die Neuerung mit gemischtem Gefühlen. „Einerseits bin ich froh, dass ich mir diesmal keine Gedanken machen musste“, sagt sie mit Blick auf die Action der Vorjahre („Manchmal habe ich erst abends was für den nächsten Morgen reingesteckt“). Andererseits fehlt ihr jetzt ein bisschen Einstimmung auf die Weihnachtszeit. Und sie gesteht: „Heimlich wünsch’ ich mir ja, dass sie im nächsten Jahr wieder einen selbst gemachten haben wollen.“

Ein durchdachter Adventskalender kann übrigens auch Erwachsenen guttun (siehe Artikel links) und Paarbeziehungen geradezu wiederbeleben. Schließlich lassen die Aufmerksamkeiten, mit denen man den Partner überrascht, so Dana Urban von der bke, in der Alltagsroutine meist nach. Mit Liebesgrüßen hinter den Türchen oder Gutscheinen für eine Massage am Abend oder ein gemeinsames Frühstück am Bett dürfte zumindest der Start in manchen dunklen Dezembertag leichter fallen.

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