"Advent, Advent, der Söder brennt. . ."

18.12.2017, 12:00 Uhr

© Foto: Scherer

Und schon die erste Salve aus der Oberpfalz gen Franken war ein Volltreffer des begnadeten Poeten Norbert Neugirg: "Advent, Advent, der Söder brennt wie eine Kim-Jong- Un-Rakete". Es folgten zwei Stunden lang beißender Spott, Ironie und Sarkasmus in der restlos gefüllten Halle. Allerorten Weihnachtsmärkte mit Glühwein, Bier und Schnaps, Lebkuchen und Slipeinlagen, an den Häusern Lichterketten, wo wahrlich keine Leuchten wohnen! Auf die Frage, was sich vor 2000 Jahren ereignet hat, kommt die Antwort: Baubeginn des Berliner Flughafens!

So klangen die ersten lokalen Einschläge: In Zirndorf, der Bronx von Fürth, möchte ich nicht begraben sein, Zirndorf, das einen bundesweiten Bekanntheitsgrad erreichte, als Stadträte die Sitzung schwänzten und stattdessen Schäufele in einem Supermarkt verspeisten; man sollte sie flugs zur Beschneidung schicken, dann dürften sie für immer kein Schweinefleisch mehr essen.

Schon ziemlich weihnachtlich wurde es mit den sechs Weisen aus der Oberpfalz: "Kommet ihr Hirten" mit dem lautstark gesungenen Unisono-Refrain "Fürchtet euch nicht!" Mit seiner scheinheiligen Begrüßungsformel "Geliebte Franken" erntete Neugirg schallendes Gelächter. Dann brach der Poet mit dem Gedicht "Budenzauber" durch: Adventöse Glühweinaufläufe, Christbaumkugelbasare, Blasmusikartilleristen, Kürbiskerningwerpralinen! Deshalb ist die Heilige Familie von diesem Ort des Grauens geflohen, es hätte aber nicht unbedingt Ägypten sein müssen. Und darauf das Lied von der Weihnachtsbäckerei, dem sein Poetenkollege das Rezept vom Weihnachtsmannkuchen folgen ließ. Dann intonierte Neugirg Weihnachtslieder mit verballhornten Texten. "Morgen kommt der Weihnachtsmann, wenn die Bahn keine Verspätung hat", "Es ist ein Roß entsprungen" in einem Schlachthof in Bukarest, durch ein Wunder wurde daraus Rindfleisch für eine köstliche Lasagne, "Vom Himmel hoch, da komm ich her" durch den Weltraumschrott, "Stille Nacht, schlaf in himmlischer Ruh, die Menschheit macht die Augen zu". Eine ganz tolle musikalische Nummer folgte mit der "Petersburger Schlittenfahrt", von den fünf Feuerwehrmusikanten bravourös gespielt.

Der Gedichtzyklus "Lyrische Weihnachtstragödie" mit den Einzelteilen "Christbaumkauf", "Bratwurstbrauch" und "Mettenhauch" erzeugte nach der Pause Lachsalven. Sehr makaber wurde es dann, als die reiche Tante aus Amerika im Jahr 1946 ein Fresspaket schickte, in dem nur die Weißblechdose mit einem weißen Pulver nicht identifiziert werden konnte, das dann verkocht wurde. Aufklärung in dem verspätet angekommenen Brief: Der Onkel sei gestorben, sein letzter Wille, die Asche in der Heimat aufzubewahren, späte Erkenntnis: Wir haben an Weihnachten den Onkel aufgefressen!! Schließlich outete sich der Dichterkollege als "4. Heiliger Drei König aus Böhmen", den der Evangelist Matthäus aus dem Evangelium gestrichen hat.

Und natürlich musste am Schluss noch einmal der Schäufele-Stadtrat herhalten, ehe die wackeren Oberpfälzer mit "Jingle Bells" und dem "Einkommensteuersparlied" (Christbaum aus dem Staatswald stehlen!) den feierlichen Auszug aus der Halle antraten.

Eine deftige Altneihauser Weihnachtslesung mit nicht abstreitbaren deutlichen Bezügen zur Realität der Weihnachtszeit.

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