Aldi und Pflegeheim auf der Sandgrube?

5.10.2018, 16:00 Uhr
Aldi und Pflegeheim auf der Sandgrube?

© Foto. Thomas Scherer

In der jüngsten Stadtratssitzung, in der das Vorhaben auf der einstigen Sandgrube erstmals öffentlich behandelt werden und der Aufstellungsbeschluss fallen sollte, machten sie klar, was sie davon hielten: "Da wird das Haus gebaut, bevor das Fundament gegossen ist", sagte Stefan Heidtmann, der stellvertretend für gut 20 Bewohner des Pinder Parks aus der Jakob-Wassermann- und der Thomas-Mann-Straße sprach, die zur Sitzung gekommen waren.

Auf FN-Nachfrage schränkte er ein, "dass wir als Anlieger nicht gegen den Aldi sind", aber zuerst solle die Stadt doch bitte ihre Hausaufgaben machen und wie zum Bezug der Häuser angekündigt den Abschnitt ihrer Wohnstraße oberhalb der Realschule und dem dortigen Kreisel für den Durchgangsverkehr sperren. Doch darauf warteten er und seine Nachbarn seit acht Jahren, seit sie in die damals frisch gebauten Häuser eingezogen sind. Vor der Situation in der eigentlich verkehrsberuhigten Straße verschließt die Stadtverwaltung nach Ansicht der Betroffenen "konsequent die Augen".

Einwände, die das Stadtratsgremium veranlassten, der von den Grünen beantragten Vertagung um einen Monat zu entsprechen. Und das, obwohl sie Stadtbaumeister Gerhard Klein ausdrücklich daran erinnerte, dass die Verwaltung mit der Vorlage für den Aufstellungsbeschluss zur Überplanung des Gebietes genau das erledigt habe, wofür sich der Stadtrat im November noch mehrheitlich ausgesprochen hatte.

Verkehrskonzept oder komplett gesperrt

Mitte Oktober tagt der städtische Verkehrsausschuss. Und der dürfte sich, so hieß es im Stadtrat, mit einem Antrag der Freien Wähler beschäftigen, der bereits seit Juli vorliegt. Die FW fordern, zwischenzeitlich auch mit Unterstützung eines SPD-Papiers, ganz im Sinne der Anlieger, ein Verkehrskonzept zur Entlastung rund um die Thomas-Mann-Straße und nötigenfalls auch eine Sperrung des Abschnitts der Jakob-Wassermann-Straße. Denn das ist laut Heidtmann das "einzig Praktikable. Beim Kreisel an der Realschule muss an den Abzweig in die Jakob-Wassermann- Richtung Thomas-Mann-Straße ein Poller".

Zwei Kinder seien bereits von Pkw angefahren worden, die Route nimmt sogar ein VGN-Linienbus. Drei Anzeigen wegen Fahrerflucht liefen aktuell gegen Busfahrer, die in dem Abschnitt Autos und eine Müllbox gerammt hätten. Heidtmann kündigte an, Strafanzeige gegen Ordnungsamtschef Thomas Rieß zu erstatten, denn "in der Jakob-Wassermann-Straße ist Leib und Leben gefährdet". Heidtmann beruft sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz. Demzufolge hätten Anwohner eines verkehrsberuhigten Bereichs einen Anspruch auf die Reduzierung des Verkehrs auf nicht mehr als 20 Fahrzeuge pro Stunde. Zu Spitzenzeiten, vor allem morgens zu Unterrichtsbeginn in der Realschule zwischen 7.30 und 8.30 Uhr, "haben wir hier mehr als 250 Autos, allen voran das Mutti-Taxi", so Heidtmann.

Problem wurde weitervererbt

Ordnungsamtschef Rieß derweil sieht einer Klage gelassen entgegen, "weil die ins Leere läuft, denn es ist nicht so, dass ich eine gefahrenträchtige Straße ignorieren würde". Sicher sei die Jakob-Wassermann-Straße ein "verdammt schwieriges Pflaster", doch dieses Problem habe er von seinen Vorgängern geerbt. Ursächlich für die Bredouille ist seines Erachtens, dass die Straße überhaupt als verkehrsberuhigt ausgewiesen wurde.

"Behördlicherseits kann ich nicht alle Eventualitäten ausschließen", so Rieß. Fakt sei, dass die Straße kein Unfallschwerpunkt sei. Würde der Straßenabschnitt gesperrt, verlagere sich die Mutti-Rallye nur in den parallel verlaufenden Erich-Kästner-Weg. Eine ÖPNV-Haltestelle an der Sandgrube brauche es derzeit nicht, anders sehe es aus, sollten ein Pflegeheim und ein Aldi angesiedelt werden, dann ist die Verkehrsführung großräumiger zu überdenken.

Doch das liege nicht in seiner Kompetenz, sagt Rieß. Weshalb er sich am 17. Oktober im Verkehrsausschuss vom Stadtrat das Mandat geben lassen möchte, professionelle Hilfe von einem Verkehrsplanungsbüro einzuholen. "In einem verwaltungsinternen Brainstorming", so Rieß, "lässt sich das da oben sicher nicht lösen. Dafür ist es zu komplex."

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