Allmählich wagt der Anhang mehr Aufstiegseuphorie

24.4.2014, 06:00 Uhr
Allmählich wagt der Anhang mehr Aufstiegseuphorie

© Hans Winckler

Vor zwei Jahren musste man nicht suchen, die Euphorie begegnete einem lange vor dem Aufstieg: „Nicht nur eingefleischte Fußballfans laufen seit dem Sieg gegen Hoffenheim am Mittwochabend mit glänzenden Augen durch die Stadt“, schrieben die FN im Februar (!) 2012. Viele Fans träumten da schon längst: vom Aufstieg und von einem Triumph im Pokal-Finale.

Im April dann, als es zwar nur zu einem dramatischen Pokal-Halbfinale gegen Dortmund gereicht, aber immerhin mit dem Aufstieg geklappt hatte, sondierten die FN die Gefühlslage von Thomas Sommer, der der SpVgg ein neues Stadion bauen wollte. Gänsehaut bekomme er beim Anblick der Vereinsfahne auf dem Rathausturm, sagte er, „man muss es ja noch begreifen“. Er werde auf jeden Fall bei der großen Aufstiegsfeier dabei sein: „wenn die Stadt bebt“.

Gänsehaut — die hatte Thomas Sommer in dieser Saison noch nicht, wie er auf Nachfrage gesteht. Angesichts der „wechselhaften Leistung“ des Kleeblatts überwog die Skepsis. „Das waren so viele Höhen und Tiefen - wie beim Wetter“, sagt Sommer. „Es wundern sich alle, dass wir diesen zweiten Platz haben.“ Er ist sich allerdings sicher: Ein Sieg im Heimspiel am Freitag wird die Emotionen freisetzen.

Roland Kastner nimmt die Stimmung anders wahr. „Man muss sich nur mal anschauen, wie viele Leute nach Paderborn gereist sind“, sagt der frühere SpVgg-Torwart. Sein Eindruck: „Die Leute sind schon ein wenig heiß. Seit zwei, drei Wochen schaut jeder, dass er noch Karten bekommt.“ Und sollte die Spielvereinigung am Freitag im Derby gegen den TSV 1860 München zuhause gewinnen, „wird die Hölle los sein“.

Ihn habe es überrascht, wie viel Rückhalt die Mannschaft von Beginn an hatte - nach dem „Debakel“-Jahr. Zugleich aber habe er bei vielen Angst gespürt: „Im Kopf war der Gedanke: Wenn wir aufsteigen und wieder am falschen Fleck gespart wird, wird’s wieder so peinlich wie im letzten Jahr.“ Er selbst sieht jedoch keinen Grund, sich zu fürchten, im Gegenteil: „Noch nie ist es so leicht gewesen, in der Liga zu bleiben. Vor dem HSV, vor Stuttgart braucht man doch keine Angst zu haben.“ Augsburg mache es vor, wie man sich mit wenig Geld und sinnvollen Investitionen behauptet.

Thomas Sommer ist nach eigenem Bekunden ebenfalls nicht bang vor dem Wiederaufstieg. Die durchwachsene Saison habe vielleicht sogar einen Vorteil: „Die Mannschaft weiß, dass sie nach einem Rückstand gewinnen kann.“

Für Horst Müller bedeutete das Spiel gegen Düsseldorf die Wende — ähnlich hatte sich schon Fanbeauftragte Nicolas Heckel in den FN geäußert. Seitdem sei die Stimmung unter den Fans sehr gut, sagt der Wirtschaftsreferent, der glühender Kleeblatt-Anhänger ist und auch im Aufsichtsrat sitzt. Allerdings: Vergleichbar mit dem Aufstiegsjahr sei die Gefühlslage nicht — das könne sie aber auch nicht sein: „Ich glaube, dass das einmalig bleiben wird.“

Damals sei so viel Begeisterndes, Berauschendes zusammengekommen: Da war die Mannschaft, die souveräner aufgetreten sei, spielerisch mehr überzeugt habe als die jetzige. Da waren Publikumslieblinge wie Schröck oder Prib. Da war der Derby-Sieg, das Erreichen des Pokal-Halbfinales und schließlich — nach Jahren, „in denen man drangeschnuppert hatte“ — der Aufstieg: „Diesen Abend in der Gustavstraße, den kann man nicht wiederholen! Das war so eine Befreiung für die Fürther Seele! Das war einmalig.“

Natürlich hat auch Müller beobachtet, dass Fans darüber diskutieren, ob man sich den Aufstieg jetzt, mit dieser Mannschaft, überhaupt wünschen soll. „Für einen Aufsichtsrat ist die Antwort klar: Natürlich musst du den Aufstieg wollen!“ Selbst wenn man wieder absteigt, lasse sich in einer Erstligasaison dank der Fernsehgelder so viel mehr Geld verdienen; auch die Strukturen, so Müller, ließen sich stärken, das habe man an Mainz und Freiburg sehen können. Deshalb sei das jahrelange Gerede, dass der Verein nicht aufsteigen wolle, so absurd gewesen, sagt Müller.

Eine nervöse Anspannung nimmt auch er unter den Fans wahr — allerdings glaubt er nicht, dass es die Furcht vor dem Aufstieg ist, sondern die vor dem Scheitern — so kurz vor dem Ziel. Dass die Fans bereit sind, die Mannschaft zu unterstützen, erlebt Tom Pöllmann, zuständig für den Fanshop bei Franken-Ticket. Den ganzen Tag über wurden gestern Karten fürs Heimspiel am Freitag gekauft, auch die unbeliebten Plätze gehen jetzt weg. Die große Euphorie wird zurückkehren, ist er sich sicher: „Spätestens, wenn der Aufstieg geschafft ist und sie ein paar gute Spiele gemacht haben. Jetzt denkt nämlich jeder noch an die Arbeit.“

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