Als ein heißer Backstein kalte Füße wärmte

14.6.2014, 13:00 Uhr
Als ein heißer Backstein kalte Füße wärmte

© Ilona Kriesl

Das Gebetsbuch auf dem Nachttisch ist aufgeschlagen, auf den vergilbten Seiten liegt eine runde Lesebrille aus Metall. Der grüne Wecker daneben hat bereits Rost angesetzt. Die Decke auf dem Holzbett ist auf einer Seite zurückgeschlagen, Leinentücher und ein gemusterter Überzug kommen zum Vorschein. „Es soll aussehen, als ob gerade jemand aufgestanden wäre“, sagt Heidi Stinzendörfer, die Vorsitzende des Heimatvereins, und streift die Falten auf einem Kissenüberzug glatt.

Im Erdgeschoss des Heimatmuseums ist vor wenigen Tagen eine Sonderausstellung eingezogen, die diesen Samstag, 14. Juni, öffnet. Zu bewundern sind historische Betten, Schlafhemden, Wärmflaschen oder Nachttöpfe aus den Jahren 1900 bis 1950. Die Exponate kommen teilweise aus dem Fundus des Heimatvereins, aber auch Leihgaben aus der Langenzenner Bevölkerung sind dabei – besonders häufig Wäschestücke. „Die stammen oft noch aus der Aussteuer von der Großmutter, sind kaum benutzt und einfach zu gut erhalten, um sie wegzuwerfen“, weiß Heidi Stinzendörfer. Gleiches gilt für Waschschüsseln und -krüge, die noch aus einer Zeit ohne fließendes Wasser stammen.

Unter den Leihgaben sind auch Nachttöpfe in allen Größen und Farben. Wer ein solches Gefäß besaß, konnte sich glücklich schätzen: Wenn die Blase nachts zwickte, musste man nicht das Plumpsklo im Freien aufsuchen. Die nächtliche Notdurft landete bequem im Töpfchen – und wurde am nächsten Morgen schnell beseitigt. „Die Devise war ‚Fenster auf und raus damit‘“, verrät Heidi Stinzendörfer mit einem Schmunzeln. „Pech hatte nur derjenige, der zur falschen Zeit auf der Straße stand.“

Seit jeher sei das Schlafzimmer „ein ganz intimer Raum“ gewesen, erklärt die Hobby-Historikerin. Gästen verwehrte man den Zutritt zum eigenen Schlafzimmer, wo Wäsche, Hemden und private Gegenstände untergebracht wurden. Ein gemachtes Bett und schöne Überzüge waren dennoch ein Muss. „Tagsüber wurde ein Paradekissen auf das Bett gelegt. Das Kissen war meist bestickt oder mit Spitze besetzt und diente als Dekoration“, erklärt Stinzendörfer. Darauf schlafen konnte man allerdings nicht – „dann hatte man am Morgen das Muster im Gesicht.“

Kranke verbrachten unfreiwillig viel Zeit im eigenen Bett. Linderung versprachen Wärmflaschen aus Metall oder sogenannte Lebersteine. „Das sind abgerundete Steine aus Kieselquarz“, erklärt die Vorsitzende des Heimatvereins. Im Ofen vorgewärmt und dann im Anschluss unter die Decke gelegt, dienten sie als Bettwärmer und halfen bei kalten Füßen oder Schüttelfrost. Wenn kein Leberstein zur Hand war, schaffte ein mit Stoff umwickelter Backstein Abhilfe. „Eine simple Methode“, sagt Heidi Stinzendörfer, „die aber unglaublich effektiv war.“

Die Ausstellung öffnet am Kirchweihsamstag, 14. Juni, um 15 Uhr. Besichtigungen sind außerdem jeden ersten Sonntag im Monat von 14 bis 16 Uhr und zum Altstadtfest möglich.

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