Alte Lebensmittel verwandeln sich in Bioenergie

9.1.2019, 14:30 Uhr
Alte Lebensmittel verwandeln sich in Bioenergie

© Foto: Müller

Ein Berg von Altbrot vor der Ladeöffnung der Biogasanlage an der Schleuse Strullendorf hat dieser Tage einem Passanten zu denken gegeben. Er wunderte sich über die Verschwendung von Lebensmitteln. Die Bio Energie Bamberg GmbH & Co. KG verarbeitet nach den Worten ihres Geschäftsführers Georg Hollfelder in Strullendorf seit 2005 neben dem Brotabfall der Großbäckerei Beck vor allem den Biomüll aus den braunen Tonnen der Stadt und des Landkreises Bamberg. Das Biogas wird zur Stromgewinnung genutzt und mit der Abwärme eine nahe Gärtnerei versorgt. Auf eine solche Nutzungskombination setzt auch die Anlage der Agrar-Kompost GmbH (AKG) bei Keidenzell im Landkreis Fürth. Sie verwertet neben Biomüll aus dem Landkreis ebenfalls Brotabfall von Bäckereien und darüber hinaus andere aus dem Verkehr gezogene Lebensmittel – teilweise noch in Plastik verpackt.

Die Biogasanlage in Keidenzell. Foto: Heinz Wraneschitz

Die Biogasanlage in Keidenzell. Foto: Heinz Wraneschitz

Während Hollfelder von großem Verschleiß und hohem Wartungsaufwand der Strullendorfer Anlage bei der Verwertung des mit Fremdstoffen gespickten Biomülls berichtet, läuft die Keidenzeller Anlage nach Angaben von AKG-Geschäftsführer Johann Peter weitgehend problemlos. Denn die im ländlichen Raum überwiegenden Gartenabfälle in den braunen Tonnen werden vorher aussortiert und in Keidenzell, Raindorf sowie Seckendorf kompostiert.

Mit ausgeklügelter Technik gelingt es zudem, so Peter, sämtliche Fremdstoffe aus dem Gärsubstrat herauszuholen. Neben Strom und Abwärme erzeugt die Keidenzeller Anlage auch noch Dünger für die Landwirtschaft. Definitiv tabu für die Verwertung sind nach den Worten des AKG-Geschäftsführers Mais, Getreide und andere Feldfrüchte. Was verarbeitet wird, seien keine Lebensmittel mehr, sondern offiziell Abfälle. "30 Prozent aller Lebensmittel landen in Deutschland im Müll", sagt Peter. Ein Umstand, der ihm nicht behagt, den er aber wenigstens sinnvoll nutzen will.

Hohe Erwartungen

Das Problem der Überproduktion führt die Ehefrau des Obermeisters der Fürther Bäckerinnung, Claudia Gräf, auf die Erwartung vieler Kunden zurück, bis Ladenschluss das komplette Sortiment vorzufinden. Sonst wanderten sie zu Mitwettbewerbern ab. Und der Konkurrenzkampf ist gnadenlos. Gräf: "Nicht mehr ganz frisches Gebäck und altes Brot lässt sich selbst mit 50-prozentigem Preisnachlass kaum noch verkaufen." Ganz schlimm sei es an Weihnachten gewesen, als auch die Tafel geschlossen hatte, die sonst einen Teil der Reste zur Weitergabe an Bedürftige abnimmt.

"Früher", so Claudia Gräf, "haben wir selbst noch Schweine gemästet, denen man einen Teil des alten Backwerks verfüttern konnte." Doch die Schweinemast haben die Seukendorfer Bäcker eingestellt, nachdem EU-Bestimmungen im Zuge von Tierseuchen-Skandalen das Verfüttern von tierischem Eiweiß verboten hatten. Trotz Tafel und Semmelbrösel-Produktion bleibt einfach noch zu viel übrig. "Das muss dann in die Biogas-Anlage", sagt Claudia Gräf.

Die Fürther Tafel-Vorsitzende Traudel Cieplik weiß auch von Bäckern, die ihr altes Brot verbrennen. Der Tafel gehe durch anderweitige Altbrotverwertung aber nichts verloren. "Wir haben ausreichend Brot", versichert Cieplik. Manchmal bleibe sogar etwas übrig, das man dann an Reitvereine abgebe. Das Verschwenden von Lebensmitteln kann die Tafel-Vorsitzende nicht nachvollziehen. Ihr Rat, eben weniger zu backen, birgt im Geschäftsalltag allerdings die Gefahr, Kunden an Konkurrenten zu verlieren, die weniger sparsam mit den natürlichen Ressourcen umgehen.

In Verruf geraten ist längst die Biogasproduktion aus Mais. Für Insekten sind die Monokulturen regelrechte Wüsten, die keine solide Ernährungsquellen mehr bieten. Problembewusst werben die Bamberger Stadtwerke damit, dass das in ihrem Heizkraftwerk verbrannte Biogas aus der Region weitgehend nicht aus in Monokulturen angebautem Mais stammt.

Ein ökologischer Trumpf, mit dem die Fürther infra bislang noch nicht aufwarten kann. Ihr 2011 in Betrieb gegangenes Bioenergiezentrum bei Horbach verarbeitet jährlich neben 2500 Tonnen Schilfgras und 11 000 Tonnen Futtergetreide-Silage 32 000 Tonnen Mais. Für den Nachschub müssen rund 1000 Hektar Ackerfläche im Fürther Raum und Erlanger Landkreis herhalten.

Ein langfristiger Liefervertrag mit rund 90 Landwirten stellt die Versorgung mit Biomasse sicher. Die Grünen haben frühzeitig gefordert, alternative Substrate wie Luzerne, Kleegras und Wildblumenmischungen zu verwenden, die annähernd den gleichen Brennwert hätten wie Maissilage.

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