Ammerndorf: Die Lehren aus dem schweren Busunglück

2.4.2019, 05:58 Uhr
Ammerndorf: Die Lehren aus dem schweren Busunglück

© Foto: News 5

Der Unfall

Zwar steht noch ein Gutachten aus, die Polizei hat sich in Sachen Unfallursache aber schon festgelegt: Der von Ammerndorf kommende Bus kam auf die Gegenfahrbahn, weil der Fahrer gesundheitliche Probleme hatte. Was genau wird mit Rücksicht auf seine Persönlichkeitsrechte nicht gesagt. Die Frontseiten der Busse überlappten sich beim Aufprall zu 40 Prozent, die Polizei spricht deshalb nicht von einem Frontalzusammenstoß.

Der zweite Bus geriet daraufhin nach rechts von der Fahrbahn ab. Eine Frau, die nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte, krachte mit ihrem BMW in die Unfallstelle: Sie fuhr frontal in den ersten Bus. Schwierig für die Polizei: Der große Rettungseinsatz verwischte zwangsläufig Spuren. "Wir konnten den Unfallhergang trotzdem zweifelsfrei nachstellen", sagt Markus Strobl von der Verkehrspolizei.

Die Einsatzkräfte

Alarmiert wurde um 13.30 Uhr. Fünf Minuten später waren die ersten Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr Ammerndorf vor Ort, ein erster Rettungswagen folgte. Von den umliegenden Wehren rückten Cadolzburg, Roßtal, Weinzierlein und Zirndorf an — laut Kreisbrandrat Frank Bauer insgesamt 90 Mann mit 25 Fahrzeugen. Die Rettungsdienste waren mit 65 Kräften und 27 Fahrzeugen im Einsatz, die Polizei mit etwa 50 Frauen und Männern.

Fünf Hubschrauber, darunter einer der Polizei, flogen Patienten in Kliniken. Start und Landung koordinierten Flughelfer aus Herzogenaurach und Schwabach. Zur Freude der Retter halfen spontan viele Freiwillige, die Opfer zu versorgen, darunter die Mitarbeiter einer Ammerndorfer Arztpraxis, die Beschäftigten des Kreisbauhofs und ein Arzt, der auf dem Weg zu seinem Dienst in einem Klinikum war.

Die Patienten

28 Menschen wurden verletzt, Kinder wie Erwachsene. Die Rettungskräfte teilten sie vor Ort — je nach Schwere der Verletzung — in farbige Kategorien ein. Sieben Menschen rot, weitere sieben gelb und 14 grün. Die sieben Schwerstverletzten, einzelne schwebten zwischenzeitlich in Lebensgefahr — konnten in einer ersten Welle binnen einer Stunde abtransportiert werden, zum Teil per Hubschrauber nach Würzburg und Bayreuth.

Eine gute Zeit, findet der Leitende Notarzt Dr. Rainer Krämer. Mit zwölf Verletzten versorgte das Fürther Klinikum die meisten Patienten. Drei kamen in die Uni-Klinik Erlangen, drei weitere ins Nürnberger Südklinikum, je zwei nach Schwabach und Neustadt/Aisch. Sechs weitere Kliniken nahmen einzelne Patienten auf. Für etwas Verwirrung sorgte ein dritter Linienbus, der zu der Unfallstelle stieß. Der Fahrer konnte dort nicht stehen bleiben und fuhr zurück nach Zirndorf. Zuvor las er noch ohne das Wissen der Einsatzkräfte einige Schüler auf, die leicht verletzt oder auch unversehrt an der Unfallstelle warteten.

Die Notaufnahme

"Eine Katastrophe trifft in eine andere." So schildert Prof. Harald Dormann vom Klinikum Fürth die Lage an jenem Donnerstagnachmittag, denn: Als klar wurde, dass bald ein Dutzend Unfallopfer in die Notaufnahme kommen, saßen dort bereits 50 Menschen mit unterschiedlichen Blessuren. "Die kann man ja nicht einfach heimschicken", sagt Dormann.

Er teilte die Notaufnahme in zwei Stränge. Die Frühschicht blieb an Bord und hielt den regulären Betrieb aufrecht, die Spätschicht übernahm die zweite "Versorgungsstraße" mit den Verletzten aus Ammerndorf. Die Kinderklinik wurde hinzugezogen, außerdem mussten Angehörige betreut werden. "Bei uns riefen die ersten Eltern an, da wussten wir noch gar nichts von dem Unfall." Dormann spricht von einem "extrem hohen Personal- und Logistikaufwand".

Die Medien

Als "Held" wird von manchen Rettungskräften Polizeisprecher Bert Rauenbusch gefeiert, der vor Ort die Pressearbeit übernahm. Ihm zufolge zählte das Busunglück, das ein bundesweites Echo auslöste, zu den aufwändigsten Einsätzen seiner Laufbahn. Zwischen 14 und 16 Uhr beantwortete er 85 Anfragen und gab Radio- und TV-Teams 35 O-Töne und Interviews.

Währenddessen konnten Sanitäter und Ärzte in Ruhe arbeiten. Wobei — nicht ganz: Leider hielten einzelne Reporter nicht den nötigen Abstand. Die Polizei musste einen Mann "entfernen", der mit seiner Kamera über Verletzte stieg. Und im Bereich für Angehörige, im Kreisbauhof in Ammerndorf, flogen zwei Journalisten auf, die sich als Eltern ausgegeben hatten. Beschämend.

Das Fazit

Darin herrscht Einigkeit: Ammerndorf kam dem Idealfall eines Großeinsatzes schon sehr nahe. "Alle Rädchen griffen ineinander", lobt Dr. Rainer Krämer. Zu verbessern gibt es aber immer etwas. So stieß das Digitalfunknetz an seine Grenzen. Und die einzelnen Organisationen wissen offenbar noch zu wenig über die Arbeit der jeweils anderen.

Beispiel: Die Feuerwehr vor Ort war entsetzt, als sich der erste Notarzt nicht sofort um ein eingeklemmtes Unfallopfer kümmerte, sondern weiterging. Aus gutem Grund: Er hatte die wichtige Aufgabe, sich und den nachfolgenden Kräften zunächst einen Überblick zu verschaffen. Missverständnisse wie dieses in Zukunft zu vermeiden, auch dazu diente die Veranstaltung am Fürther Klinikum.

3 Kommentare