Ammerndorfer Pilz–Experten hoffen noch auf eine gute Saison

27.9.2015, 06:00 Uhr
Ammerndorfer Pilz–Experten hoffen noch auf eine gute Saison

© Foto: Ehm

Wenn Sie in den Wald gehen, was findet sich in Ihrem Korb oder lassen Sie das Pilzesammeln derzeit sein, Frau Stanek?

Sissi Stanek: Wir haben an den vergangenen beiden Wochenenden Pilzwanderungen im Walderlebniszentrum Erlangen gemacht. Wir hatten einmal 18 und einmal 22 Sorten im Korb, allerdings nur jeweils einzelne Exemplare. Zum Essen war nicht viel dabei, eine Krause Glucke und ein paar Maronenröhrlinge.

 

Und hier im Landkreis?

Sissi Stanek: Da gibt es nichts, deshalb gehen wir momentan auch überhaupt nicht raus.

 

Es war bisher also schlichtweg zu trocken?

Joachim Stanek: Es hat quasi seit April nicht mehr richtig geregnet. Die Klimazonen verändern sich. Wir finden seit zwei Jahren Pilze, die ansonsten nur südlich der Alpen vorkommen.

 

Bringt das neue Gefahren mit sich?

Sissi Stanek: Es besteht ein ganz anderes Problem. Die Medizinische Hochschule Hannover hat Alarm geschlagen. Dort gab es 17 Fälle, in denen sich Flüchtlinge bzw. Asylsuchende mit dem grünen Knollenblätterpilz vergiftet haben. Vielleicht wachsen in den Herkunftsländern Pilze, die ähnlich aussehen. Wir haben jetzt Infoblätter auf arabisch, türkisch und kurdisch, die wir hier bei uns in der Ammerndorfer ZAE-Dependance aufhängen, um die Menschen zu warnen.

 

Wird es heuer überhaupt noch was mit den Pilzen?

Sissi Stanek: Wenn es jetzt richtig schön regnen würde und es nicht kalt wird, dann platzen die Myzelien, also die Pilzgeflechte im Boden, und die Pfiffer wachsen. Nach acht bis zehn Tagen kann man sammeln.

 

Sie suchen immer wieder bestimmte Stellen auf und notieren, was Sie finden. Wie waren die letzten Jahre?

Sissi Stanek: Das sind unsere Kartierungen, die wir machen. Die letzten drei, vier Jahre waren gute Pilzjahre. Feuchtigkeit und Wärme sind die entscheidenden Faktoren.

 

Was sollten Menschen, die sich nicht so gut mit Pilzen auskennen, beim Sammeln unbedingt beachten?

Joachim Stanek: Man sollte auf jeden Fall eine Pilzberatungsstelle aufsuchen. Uns bringen Leute ab und zu Pilze, die sie für Champignons halten, die sich dann aber als Knollenblätterpilze entpuppen, deren Verzehr sehr oft tödlich endet. Wenn Wiesen bis an den Wald heranreichen, wo Eichen und Buchen stehen, wachsen dort auch gerne Knollenblätterpilze. Außerdem ganz wichtig: Pilze nicht roh essen, auch nicht in den Salat schneiden. Marone oder Rotkappe sind roh sogar giftig.

 

Was halten Sie von Pilzseiten im Internet oder Beratungs-Apps?

Joachim Stanek: Ich habe eine App auf meinem Smartphone. Als Ergänzung ist sie ganz gut, vor allen Dingen, wenn sie immer wieder ergänzt wird. Aber allein darauf darf man sich nicht verlassen. Wir arbeiten gerne mit Büchern.

Sissi Stanek: Man muss einen Pilz in der Hand halten, muss ihn fühlen und riechen. Das geht mit einer App nicht.

 

Experten sagen, durch die Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl habe eine ganze Generation ihr Pilzwissen verloren, weil die Eltern nicht mehr mit den Kindern zum Pfiffersammeln gegangen sind. Stützt sich das mit Ihren Beobachtungen?

Sissi Stanek: Auf jeden Fall. Man muss auch sehen, dass die Halbwertszeit, in der sich die Strahlenbelastung der Pilze entsprechend reduziert, 30 Jahre beträgt. Maronenröhrling und Reifpilz sind immer noch belastet.

Joachim Stanek: Was mich erstaunt hat: Viele Erwachsene erkennen den Fliegenpilz nicht mehr. Früher war er oft in Kinderbüchern zu sehen, aber das ist nicht mehr der Fall.

 

Kann man sich bei Ihnen noch für Pilzwanderungen anmelden?

Sissi Stanek: Einzelne Personen schon. Aber ansonsten sind wir bis Anfang November ausgebucht.

 

Und wie lange geht die Saison?

Jochim Stanek: Es gibt auch im Winter Pilze. Vor einigen Jahren bin ich mit dem Korb durch den Schnee gestapft und habe den Samtfuß-Rübling gesucht, der braucht Frost. Die Pilze gab es zur Gans — lecker.

 

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