Armeniens Flugkünstler landet in Fürth

20.7.2017, 14:00 Uhr
Armeniens Flugkünstler landet in Fürth

© Foto: Hans Winckler

In der Kirche am Stadtpark regiert vorwiegend die protestantische Strenge weißer Wände. Aktuell aber ist alles anders. XXL-Leinwände hängen von der Decke, die Wände zieren zahlreiche Alu-Dibond-Drucke. Die Kopien großer Originale auf den schillernden Aluminium-Platten lassen Arman Tadevosyans Figuren noch dunkler und geheimnisvoller erscheinen als auf der Leinwand.

Der 1983 geborene Armenier wurde in eine Sowjetunion hineingeboren, in der der sozialistische Realismus vorherrschte. Mit heroischen proletarischen Darstellungen haben die Menschenbilder des Mannes, der 2008 in Armeniens zweitgrößter Stadt Gjumri sein Kunststudium beendete, aber nichts mehr zu tun. Tadevosyans Figuren wirken durchscheinend, surreal. Und sind doch, auf den vier bis acht Quadratmeter großen Originalen, ganz nah an lebenden Menschen – was die Entstehung der Bilder angeht.

Tadevosyan, so erläutert es Kurator Christian Fritsche (Galerie in der Promenade), lässt seine blauen, roten und schwarzen Ölfarben mit Papier flächig auf die Leinwand drücken – von echten Modellen. So entstehen original große Hand- oder Fußabdrücke, Kopf- und Körperumrisse, tanzende oder sich krümmende Bewegungen. Dieser Maler braucht keinen Pinsel, aber Mitmenschen zum Entstehen seiner Werke. Und das macht – bei aller Düsternis der Farben – die Lebendigkeit der Arbeiten aus.

Ob man nun der Interpretation folgt, dass sich Tadevosyan an Fresken der deutschen und italienischen Renaissance orientiert (vom Besuch des Germanischen Museums in Nürnberg war er jedenfalls ganz begeistert); ob man bei seinen Themen wie Geburt, Tanz, Pieta, Verkündigung und Emporfliegen — so lautet auch der ins Französische übersetzte Titel der ganzen Schau: "L’envol" — an christliche oder philosophische Motive denkt; oder ob man je nach Blickwinkel und Lichteinfall die auf Alu gedruckten Figuren einfach wie mystische, magische Körper auf sich einschweben lässt: Die Bilder des jungen Armeniers haben eine anziehende, ermutigende Wirkung – und passen hervorragend zu den Leitbegriffen des Kunstprojekts der Auferstehungskirche: Freiraum, Sinnsuche, Begegnung und Wandel.

Tadevosyan selbst war bei der Vernissage ganz überrascht, welche Wirkung seine Werke in dieser ungewohnten Umgebung entfalten. Der Künstler pendelt heute zwischen Armenien, der Ukraine und Frankreich, wo ihn Fritsche bei einer Ausstellung in der Kathedrale von Metz auch entdeckte und dann dem Kunstteam der Fürther Kirche vorschlug. Er sieht sich neben seiner künstlerischen Arbeit auch als Vermittler zwischen Ost und West. In Gjumri etwa gründete er ein Künstlerkollektiv, das unabhängig von staatlichen Restriktionen arbeiten will. Beim Film-Festival von Nancy wirkte er an einem Überblick über den aktuellen osteuropäischen Film mit. Außerdem initiierte er in Frankreich Begegnungen mit Künstlern aus Armenien und der Türkei.

ZSiehe "Fürther Kunststücke" auf dieser Seite.

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