Art of Breakin’: Rivalen, die sich am Ende lieb haben

18.4.2017, 16:00 Uhr
Art of Breakin’: Rivalen, die sich am Ende lieb haben

© Foto: Patricia Blind

"Dr. Chan", "Ganji", "Ruffy" – beim Blick auf die Tänzernamen könnte man annehmen, auf einer Comic-Convention gelandet zu sein. Sich zum Actionhelden zu inszenieren, ist eben traditionsreicher Teil des Sports: Das B-Boying – so wurde Breakdance ursprünglich genannt – stellte im New York der 1970er eine gewaltfreie Alternative dar, um Spannungen zwischen verfeindeten Gruppen zu lösen.

Die Tanzfläche wurde zu einem friedvollen Kampfschauplatz, auf dem Jazz-, Salsa- und Capoeira-Schritte mit der expressiven Körpersprache aus Kung-Fu-Filmen und Comics verbunden wurden. In "Battles" (deutsch: Schlachten, Wettkämpfen) treten Gruppen an, um gegeneinander zu tanzen. Ebenso wie Actionhelden müssen auch die B-Boys herausstechen, um sich zu beweisen.

Bereits beim Junior-Wettkampf der Zehn- bis 16-Jährigen geht es in der elan-Halle daher energiegeladen zu. In einer Art "Battle Royale" beweisen jeweils zwei der acht Teilnehmer ihr Können vor einer Jury, die aus drei erfahrenen B-Boys besteht. Still und angespannt stehen die Kontrahenten sich zunächst gegenüber. Doch dann fällt der erste Beat und die Körper lassen sich abwechselnd von den musikalischen Impulsen leiten. Leidenschaftlich ausgeführte Bewegungen zu flotten Hip-Hop- und Funk-Sounds reißen Publikum und Jury mit. Die Mischung aus Tanz und Akrobatik verlangt den jungen Breakdancern ein hohes Maß an Ausdauer, Präzision und Fantasie ab.

Die machohafte Körpersprache gehört dabei ebenso zur Performance wie die tänzerischen Bewegungen. Das stellen auch die Finalisten unter Beweis: Die beiden Freunde "Kivaru" und "Mr. Flauver" werfen einander spielerisch-provozierende Blicke und Gesten zu. Seit gut fünf Jahren tanzen die beiden Unterstufler bereits. Über einen Wettbewerb haben sie sich kennengelernt und angefangen, gemeinsam zu trainieren – nun messen sie sich in der Endrunde. "Klar sind wir immer noch Freunde, aber beim Tanzen ist man wie ein anderer Mensch", meint "Mr. Flauver", der eigentlich Daniel heißt.

Am Ende wird sein Freund "Kivaru" alias Kevin Juniorsieger. Kevin habe "etwas mehr Kampfgeist" bewiesen, findet die Jury. Nach der Endrunde schüttelt man sich jedoch kumpelhaft die Hand, lacht miteinander. "Immer liebhaben, immer ‚connecten‘", formuliert auch Moderator Miftar das inoffizielle Motto des Abends. Organisator Markus Hügel betont, dass "The Art of Breakin’" zeigen soll, dass Breakdance nicht nur Sporttanz, sondern auch stets ein demokratisches, multikulturelles Event sei.

Beim Main Battle, dem Hauptwettkampf, unter den 36 Teilnehmern der Ü16-Jährigen sticht dieses Gemeinschaftsgefühl besonders hervor. Gegenseitig motivieren sich die Tänzer und Kontrahenten. Auch das eher ruhige Fürther Publikum taut gegen Ende des Abends auf. Gemeinsam wird der Countdown gezählt, wenn die Jury einen der im Ring stehenden B-Boys, eines der B-Girls eliminieren muss. Gemeinsam wird mitgefiebert, wenn "Levi", "Rhymes" und "Scoop" die Tanzfläche verlassen.

Gerne unverwechselbar

Bei den älteren Tänzern gehören Powermoves wie Air Chairs, Windmills und Head Spins zum Standard. Scheinbar halsbrecherisch verlagern die B-Boys ihr Gewicht auf eine Hand oder gar auf den Kopf und rotieren um ihre eigene Achse. Das Schwierigkeitslevel sei dieses Jahr, so B-Boy Bench, "richtig, richtig krass". Neben Technik erwarten die Profis auch Kreativität: Ein individueller Stil führt zum Sieg. Die beiden Finalisten "Toshkin" und "Double D" haben unkonventionelle Moves in petto, die gut bei der Jury ankommen.

Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen wird "Double D" dank seiner Präzision Sieger des "Art of Breakin’". Seit elf Jahren tanzt Dennis (21), sechs Stunden trainiert er täglich. Allein im vergangenen Jahr gewann er etwa zehn Wettkämpfe. Das Tanzen ist für ihn mehr als eine Leidenschaft, es ist sein Lebensinhalt – das Preisgeld von 250 Euro sei ein guter Bonus. Am meisten am Breakdance genieße er die Freiheit, sagt der junge Fürther. Das macht das B-Boying aus: "Die eigene Persönlichkeit soll zum Ausdruck kommen", betont Bench. Die Vielfalt gestalte den Breakdance zu "einer Community, einer Kultur".

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