Auch am Fürther Klinikum gibt es Aggressionen

23.8.2016, 06:00 Uhr
Auch am Fürther Klinikum gibt es Aggressionen

© Archivfoto: Scherer

Notaufnahmen sind die Brennpunkte in Krankenhäusern. Im Wartebereich treffen verzweifelte, ängstliche, ungeduldige, betrunkene oder mit Drogen zugedröhnte Menschen aufeinander. Aggressionen erlebt man im Klinikum nicht nur hier, aber hier wohl am häufigsten: "Der Umgang mit Gewalt ist ein Thema für jede Notaufnahme, jede muss Strategien dafür haben", sagt Professor Harald Dormann, der die Zentrale Notaufnahme am Fürther Klinikum leitet.

Das Spektrum der Vorfälle, die im gesamten Krankenhaus verzeichnet werden, ist breit. Es reicht von Beleidigungen und Drohungen („Ihr Gesicht habe ich mir gemerkt“) übers Kratzen und Beißen bis hin „dazu, dass jemand einen Mitarbeiter ganz bewusst gegen die Wand schleudert“, erzählt Dormann. Unterscheiden müsse man allerdings „kriminell motivierte“ Attacken von solchen, die durch die Krankheit zu erklären sind. So muss das Personal damit rechnen, dass Patienten, deren Bewusstsein getrübt ist, etwa bei einem Entzug oder nach einer Narkose, um sich schlagen oder beißen könnten.

Auch die Polizei ist involviert

Ein Blick auf die Gewalterfassungsbögen von Dormanns Abteilung – damit können Mitarbeiter dokumentieren, wenn sie Aggressionen erlebt haben – zeigt: "Es passiert bei uns regelmäßig, aber zum Glück nicht sehr oft." Etwa 20 Tätlichkeiten und Sachbeschädigungen im Jahr zählt das Team der Notaufnahme. Zu Beleidigungen und Beschimpfungen komme es häufiger – sie werden oft allerdings gar nicht gemeldet: „Vieles wird weggesteckt.“ Auch auf den anderen Stationen des Krankenhauses liegen die Meldebögen bereit.

Seit längerem schon ist das Thema Gewalt in der Aus- und Weiterbildung von Pflegekräften und Ärzten verankert, berichtet Dormann. Den Mitarbeitern werden dabei Deeskalationsstrategien gezeigt, sie lernen, mit Mimik und Gestik nicht konfrontativ zu wirken, sondern die Spannung rauszunehmen. Freilich gelingt das nicht immer. Droht eine Situation zu eskalieren, wird die Polizei gerufen. "Das klappt sehr gut", sagt der Chefarzt.

Security-Kräfte abgelehnt

Ein Sicherheitsdienst, wie er im Nürnberger Klinikum seit 2013 im Einsatz ist, um Streithähne zu besänftigen und Mitarbeiter zu schützen, scheint deshalb bislang verzichtbar. "Vor einiger Zeit haben wir darüber diskutiert", sagt Dormann. Aber das Gewaltpotenzial sei in Fürth geringer als am Nürnberger Klinikum, wo man rund 30 Vorfälle verbaler oder körperlicher Gewalt im Monat registriert und über eine Verstärkung der Security-Kräfte nachdenkt. Dormann vermutet: "Wir profitieren davon, dass Fürth die sicherste Großstadt ist." Das Problem habe sich auch nicht verschärft in den vergangenen Jahren.

Einen wichtigen Beitrag, betont der Arzt, leisten auch die ehrenamtlichen Helfer der "Lila Dienste". Zu Stoßzeiten werden sie im Wartebereich der Notaufnahme eingesetzt. Sie helfen, Kinder zu betreuen – kümmern sich aber auch um Unruhestifter: Wirkt jemand gereizt, versuchen die Ehrenamtlichen, mit ihm ins Gespräch zu kommen, ihn wegzuführen. Alkohol und Drogen spielen oft eine Rolle, wenn gepöbelt wird. Aber nicht nur: "Bei manchen ist die Erwartungshaltung enorm: Da muss alles jetzt sofort passieren."

Was sich Dormann wünschen würde: dass auch geringfügige Sachbeschädigungen, die zur Anzeige gebracht werden, Folgen haben. Er denkt etwa an einen betrunkenen und aufgebrachten Patienten, der einen Sauerstoffschlauch durchgebissen und eine Blutdruckmanschette zerrissen hat. Der Sachwert war gering, die Justiz stellte das Verfahren ein. Für die Mitarbeiter aber, die oft vor Anzeigen zurückscheuen, so Dormann, wäre es ein wichtiges Signal gewesen, "dass man etwas durchkriegt".

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