Autoarmes Quartier? Steiner Investorin stößt auf Widerstand

8.8.2018, 17:00 Uhr
Autoarmes Quartier? Steiner Investorin stößt auf Widerstand

© Thomas Scherer

Rund 245 Wohneinheiten sollen auf dem früheren Areal des Möbelhauses entstehen. Darunter auch erschwinglicher Wohnraum, die Rede ist von Mieten, die bezahlbar sind. Außerdem soll das neue Viertel seinen künftigen Bewohnern viel Grün bieten.

Alles schön und gut, sagt auch die CSU in Stein, doch das alternative Verkehrskonzept schmeckt den Christsozialen überhaupt nicht. Die Investorin will möglichst wenig Stellplätze schaffen und den Bewohnern andere Angebote machen - vom Carsharing über Leih-E-Bikes bis hin zu ausleihbaren Mobicards. Sie bräuchte dafür eine Ausnahme von der Stellplatzsatzung. Dies sei mit der CSU nicht zu machen, wie auf einer Diskussionsrunde mit Parteimitgliedern und Bürgern deutlich wurde.

Stein ist eine Stadt der Pendler. Die eigenen Bürger durchfahren sie auf ihrem Weg zum Arbeitsplatz, aber auch Auswärtige rollen über die Bundesstraße. Zu den Stoßzeiten bildet sich auf der Hauptstraße regelmäßig eine zähe Blechlawine.

Weniger Autobesitzer würden jedoch auch weniger Verkehr bedeuten, so lautet die einfache Formel. Das neue Konzept wäre ein Anfang, wurde unter anderem von Investorin Stefanie Krügel argumentiert.

216 statt 460 Stellplätze

Nach Ansicht der CSU Stein sind weniger Parkmöglichkeiten jedoch der falsche Weg. Statt 1,56 Stellplätze pro Wohneinheit, wie sie die aktuelle Stellplatzsatzung verlangt, sieht der beantragte Plan 0,8 vor; statt 20 Prozent Besucherparkplätze nur 10 Prozent. Insgesamt würden sich so 216 Stellplätze ergeben. Gemäß Satzung wären hingegen 460 notwendig.

Laut den Ausführungen des Verkehrsplanungsbüros SHP Ingenieure aus Hannover, die das alternative Konzept im Stadtrat vorstellten, sind die Voraussetzungen für ein Verkehrskonzept mit weniger Autos in Stein gegeben. Eine von ihnen zitierte Studie aus dem Jahr 2013 zeigte demnach auf, dass fast 30 Prozent aller mit dem Kfz zurückgelegten Wege in der Stadt kürzer als drei Kilometer waren.

Bastian Gebhardt, stellvertretender CSU-Ortsvorsitzender, übte in der Versammlung jedoch scharfe Kritik an der Tragfähigkeit des Konzeptes: Es sei laut Aussage der Planer so erstellt worden, als wäre der Plangegenstand ein weißes Blatt Papier gewesen. "Die Aussagekraft des Gutachtens wurde dadurch schon ein bisschen erschüttert", so Gebhardt. Denn auf Nachfragen in der Stadtratssitzung hatte der Planer einräumen müssen, die Parksituation in den umliegenden Straßen nicht genau zu kennen.

Der Vergleich mit anderen Städten hinkt

Die von ihm angeführten Vorbildprojekte aus München, Freiburg oder Münster, so der Tenor der Steiner CSU, seien nicht mit der Situation in der Faberstadt vergleichbar. Die Referenzstädte senkten über ihre Konzepte die durchschnittliche Zahl an PKW pro Wohneinheit teils auf 0,75. Umfangreiche Maßnahmen für Fuß- und Radwege, Carsharing-Stationen, Leihräder und übertragbare Tickets für den Nahverkehr machten es möglich.

Sollte so ein Konzept in Stein realisiert werden, befürchtet nicht nur die christsoziale Stadtratsfraktion eine Verschlechterung der Lebensqualität für die Bewohner der schon bestehenden Wohnquartiere. Besser sei es, Investoren dazu zu verpflichten, Tiefgaragen zu bauen — ein Vorschlag, der von den Anwesenden mit großem Applaus quittiert wurde.

Keiner kann verpflichtet werden

Und dann wäre da noch der Aspekt der rechtlichen Durchsetzbarkeit, den skeptische Stimmen im Zuge der Diskussion immer wieder anbrachten. Keiner könne einen Anwohner dazu zwingen, auf sein Auto zu verzichten. Manche Familien benötigen beruflich mehr als ein Fahrzeug, eine künstlich veranlasste Stellplatzknappheit sei deshalb verantwortungslos. Bürgermeister Kurt Krömer von der Steiner Bürgergemeinschaft (SBG) ist zumindest in diesem Punkt ganz bei der CSU. Er hatte im Mai betont, dass keiner der Mieter dazu verpflichtet werden solle, auf das Auto zu verzichten.

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