Baustellenslalom im Norden

17.9.2014, 06:00 Uhr
Baustellenslalom im Norden

© Heinz Wraneschitz

Baustellenslalom im Norden

© Wraneschitz

Ferienzeit ist Baustellenzeit – wer sich darauf verlässt, dass mit Schulbeginn alles vorbei ist, der sieht sich zumindest heuer getäuscht. Die Bahn versucht das erst gar nicht. Denn pünktlich zum Ferienende ersetzt sie eine alte Gleissperre durch eine neue. Ab 12. September bis mindestens 2. Oktober fahren ziemlich wenige Züge auf den Schienen zwischen Fürth und Siegelsdorf. Die meisten Regionalbahnen aus Markt Erlbach und Neustadt/Aisch enden dann in Siegelsdorf. Sie werden durch Busse ersetzt. Diese wiederum fahren auf sehr verschlungenen Wegen in Richtung Fürth-Hauptbahnhof.

Eine gewisse Mitschuld an dieser komplizierten Streckenführung trägt die Stadt Fürth. Die baut aktuell an einem Verkehrskreisel in Burgfarrnbach. Weshalb die Kreisstraße von Siegelsdorf nach Fürth gesperrt ist und der Bus Umwege nehmen muss. Genauso wie alle Autofahrer.

Der nächste denkbarer Weg wäre, über Seukendorf und dann auf die Südwesttangente (B 8) zu fahren. Das geht aktuell nicht. Denn hier wird die Brücke genau über jene B 8 saniert. „Das bringen wir in insgesamt fünf Wochen hin. Spätestens am ersten Schultag ist sie wieder befahrbar“, heißt es zunächst vom zuständigen Staatlichen Bauamt Nürnberg, wenig später wird daraus „spätestens der 24. September“, also mehr als eine Woche später. Die Bahnumwegplaner kennen diese wechselnden Auskünfte, die Straßenbauer wohl ohnehin nicht: „Mit der Bahn ist nichts abzustimmen“, merkt Rainer Popp, der zuständige Straßenbauer vom Staatlichen Bauamt, an.

Nicht im Verantwortungsbereich von Popps Behörde liegt eine Straße in Puschendorf: Seit Mai saniert die Gemeinde den Heuberg, die steile Strecke von der Bahnunterführung in den Ort hinauf. Straßenbelag und Gehsteige sollten eigentlich schon fertig sein. Dieser Tage kam aus dem Rathaus die Mitteilung: „Voraussichtlich bis 30. November für den Gesamtverkehr gesperrt“. Über die Gründe wundern sich Bürger nicht: Dort seien kaum Arbeiter zu sehen, haben sie beobachtet.

Ärgerlich ist, dass der Heuberg auch zum P + R-Parkplatz am Bahnhof Puschendorf führt. Der kann nun für fast ein halbes Jahr lang nur über eine weite Umleitungsstrecke angefahren werden, von Kirchfembach her. Was für Ortsunkundige zum Problem wird, steht doch dort ein Sperrgatter nebst Durchfahrtverbotsschild nach Puschendorf.

Hauptgrund für die vielen Baustellen im Landkreis ist für Rainer Popp vom Staatlichen Bauamt ein „hoher Erhaltungsbedarf“ gerade an Brücken. Dass die Arbeiten an vielen Stellen fast gleichzeitig laufen, hat für ihn einen eigentlich erfreulichen Hintergrund: „Die Politik in Bund und Land verleiht der Erhaltung jetzt mehr Gewicht und stattet uns mit erheblichen Zusatzmitteln aus.“ Nur koordiniert läuft das offensichtlich selten ab. Beispiel Kreiselbaustelle in Fürth-Burgfarrnbach; die Kreisstraße ist ab Veitsbronn gesperrt. Das kam für die Gemeinde Veitsbronn „schon etwas überraschend, die Stadt Fürth hat uns damit überfallen“, ist aus dem Veitsbronner Rathaus zu hören. „Es wurde lange diskutiert, lange vorbereitet und vom Stadtrat abgesegnet“, sagt hingegen die Fürther Stadtverwaltung: „Wenn wir alles mit allen abstimmen müssten, könnte kaum mehr gebaut werden.“

Für die Landkreisbürger besonders ärgerlich, werden auch in Veitsbronn selbst Nürnberger und Siegelsdorfer Straße im Ortskern mit einer neuen Asphaltdecke überzogen und sind deshalb gesperrt. „Bis voraussichtlich 15. September 2014“, prognostiziert das Landratsamt. Doch obwohl es sich um eine Kreisstraße handelt: „Die Koordination liegt bei der Gemeinde, die kann das in eigener Regie machen. Es gibt nur einen Finanzbeitrag vom Landkreis. Die Terminierung war Sache des neuen Bürgermeisters. Da haben wir nichts mit zu tun“, wehrt Rainer Popp vom Staatlichen Bauamt ab. Aus dem gemeindlichen Bauamt ist zu hören: Die Sperre werde zu Schulbeginn zu Ende sein, „es folgen aber noch Restarbeiten“.

Und die Bahn? Fragt man dort nach, heißt es: Die Fahrgäste werden informiert. Doch noch bis in den September hinein hingen beispielsweise in Wilhermsdorf Mitte keine Informationen über die kommenden Baustellen zwischen Siegelsdorf und Fürth aus.

Und selbst der Pressesprecher braucht zehn Minuten, um im Internet die entsprechenden Fahrplanänderungen zu finden. Aber so richtig verstehen kann auch er die 18 Seiten nicht. Nur eines weiß der Bahnsprecher: „Der Ersatzfahrplan gilt als Fahrplan. Also kein Erstattungsanspruch wegen eventueller Verspätungen.“

Im Fürther Landratsamt tut man sich recht leicht. Für Bahnplanungen könne man ohnehin nichts. Aber „wenn wir für die Genehmigung verantwortlich sind, achten wir darauf, dass Baustellen nicht in den ausgeschilderten Umleitungsstrecken anderer gesperrter Straßen liegen“. Doch eigentlich sei „das Staatliche Bauamt für die Baustellen zuständig“, stellt man klar.

Vom Frust und den Umwegen der Bürger ist ohnehin bei den öffentlichen Stellen keine Rede. Ein Landkreisbürger kommentiert das alles sarkastisch: „Ohne Hubschraubereinsatz hab ich kaum mehr eine Möglichkeit, vom nordwestlichen Landkreis nach Fürth zu gelangen.“

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