Bei Ludwig Seuss hat Lässigkeit Konjunktur

Viele große Hits vor etwas längerer Zeit, und man bleibt darauf festgenagelt. So ging es Ludwig Seuss mit der Spider Murphy Gang. Aber der Keyboarder hat noch viel mehr drauf. In der Kofferfabrik entführte er seine Zuhörer in die akustischen Untiefen Louisianas.

Zydeco: Für einen Musikstil klingt dieser Ausdruck ziemlich merkwürdig. Da assoziiert man zirpende technische Geräusche von Synthesizern und gestylten Gestalten mit cooler Fassade. Das Gegenteil ist der Fall. Zydeco ist die Volksmusik der Cajuns, der Nachkommen französischer Siedler in den tiefsten Wäldern und Sümpfen von Louisiana. Eine sehr tanzbare und turbulente Angelegenheit mit Akkordeon, Waschbrett und einem unverständlichen Französisch-Englisch-Kauderwelsch, das aber rasant in die Beine fährt. Wer je den Film „Die letzten Amerikaner“ gesehen hat, behält einen bleibenden Eindruck. Und dass Cajuns größten Wert auf respektvolle Behandlung legen.

Ludwig Seuss, Keyboarder der Spider Murphy Gang, hat deshalb seine Rosi im Sperrbezirk stehen gelassen und sich mit seinen Mitstreitern Titus Vollmer (Gitarre), Tom Peschel (Bass) und Manfred Nürnberger an den Drums in die Südstaaten gewagt. Am Keyboard entfaltet er erstmal ein paar schöne Standards, unter anderem von Ray Charles, gibt auch einen Boogie zum Besten.

Sein Gesang ist zwar nicht der ausdrucksstärkste, dafür verbreitet Seuss eine schöne Lässigkeit, die nicht aufgesetzt wirkt, sondern einfach gute Feierabendstimmung verbreitet. Das ist es: Nie gewinnt man den Eindruck, der Mann gibt jetzt ein Konzert, sondern er spielt und singt, weil ihm jetzt einfach danach ist und er seine freie Zeit genießen will. Und wenn dafür noch ein wenig Kleingeld dazu kommt, umso besser. Dasselbe gilt für seine Mitspieler, die Seuss nicht einfach zuarbeiten, sondern genauso ihren Spaß an der Musik haben und sich mit- und umeinander umspielen.

Bald schon wechselt Seuss vom Keyboard an die Orgel und entlockt ihr lang vermisste schwummerige Akkorde, über denen sich so schön bluesen und klagen lässt. Aber kaum ist dem Katzenjammer gehuldigt, tanzen schon die Mäuse auf den Tischen. Jetzt kommt das Akkordeon raus, jetzt gibt es Turbo-Zydeco, dass der Koffer rollt. Wenn es sein muss, dann sogar in einer Fusion aus Zydeco und Stakkato-Walzer. Ein schönes, schweißtreibendes Konzert. Konjunktur die ganze Nacht.