Bier und Bomben in Langenzenn

2.6.2017, 13:00 Uhr
Bier und Bomben in Langenzenn

© Foto: Daebel

Die Ansage war klar: "Achten Sie beim Reingehen auf Ihren Kopf. Uns erwarten zehn Stürze, die maximal 1,60 Meter hoch sind. Hier kann man sich also zehn Mal den Kopf anstoßen", warnte Sellner und riet dazu, den Blick entsprechend nach oben zu richten und nicht wie gewohnt nach unten. Bevor es schließlich losging, gab’s eine kurze Zusammenfassung zur bewegten Geschichte des Kolbkellers, in dem bis etwa 1950 Bier gelagert wurde. Während des Mittelalters sei in ihm auch Lehm abgebaut worden, den man zum Bau von Häusern benötigt hatte. Und während des Zweiten Weltkrieges diente der Keller als Luftschutzbunker.

Auch eine Sage rankt sich um das unterirdische Gemäuer: So soll es von dort eine rund sieben Kilometer lange Verbindung nach Cadolzburg geben. "Das ist aber eine reine Sage. Geologisch ist das nicht möglich. Der Gang wäre ständig voll Wasser gelaufen", erklärt Sellner, dann tritt er ins Dunkle. Das wird von einer eigens für Führungen installierten Beleuchtung erhellt. Gerne darf man später am Ausgang für deren Instandhaltung ins Sparschwein spenden.

Langsam tastet sich die rund 20-köpfige Gruppe voran. Der Boden ist lehmig, die Wände feucht. "Die Decke ist stabil. Keine Angst, die hält", betont Sellner und leuchtet eine zugemauerte Tür an. Er habe mal aus reiner Neugier versucht, die Steine rauszubrechen. Hätte ja sein können, dass dort das gesuchte Bernsteinzimmer versteckt worden sei. Dem sei aber nicht so gewesen. Irgendwann werden die Mitglieder des Heimatvereins dort noch einmal Hand anlegen. Denn es sei möglich, dass man noch auf Gegenstände aus dem Zweiten Weltkrieg stößt. Dann zeigt Sellner auf die schmalen Schienen, die sich durch den Gang ziehen. Auf ihnen seien Wägelchen gefahren, mit denen man die Bierfässer transportiert habe. "Als Lagerraum für Bier war der Keller mit seiner gleichbleibenden Temperatur von rund zwölf Grad optimal."

Eis türmte sich drei Meter hoch

Damit die Kühlung auch im Sommer gut funktionierte, wurde im Winter jede Menge Eis durch den Eiseinwurfkeller ins Innere gebracht. Als die Gruppe in eben diesem Raum steht, wandert der Blick automatisch nach oben. Hier geht es rund 14 Meter hinauf, bzw. hinunter. Aus dem Langenzenner Eisweiher waren die gefrorenen Blöcke herausgebrochen worden, um sie dann zum Einwurfschacht zu transportieren. Einige Klötze wurden auf oder zwischen den Bierfässern gelagert. Im Keller selbst türmte sich die Fracht rund drei Meter hoch.

Als die Gruppe später schon wieder auf dem Rückweg ist, ergreift Georg Jäger das Wort. Der Langenzenner, Jahrgang 1936, kennt den Keller aus seiner Kindheit. "Mein Vater war Blockwart beim Luftschutz und hatte den Keller unter sich", erzählt er. Wenn die Sirenen heulten, strömten die Bürger in den unterirdischen Gang, bis der maßlos überfüllt war. "Aber es hieß, dieser Keller sei der sicherste", so Jäger. Die Menschen hockten auf Bänken und harrten aus. Prallwände seien eingezogen worden, damit der Luftdruck von möglichen Sprengbomben nicht ins Innere habe dringen können. Und zwei Gasschleusen habe es gegeben. Die hätten Jäger zufolge ausgesehen wie die großen Kühlschränke beim Metzger. Und dann waren da die Kellertage: An denen seien die Langenzenner mit ihren Handwägelchen gekommen und hätten sich einen Teil ihrer eingelagerten Waren wie etwa Kartoffeln abgeholt.

Nach dieser eingeschobenen Geschichtsstunde geht es weiter Richtung Ausgang, vorbei an einem der alten Wagen, auf denen einst die Bierfässer transportiert worden waren. Und von hinten ertönt erneut Sellners Stimme: "Achten Sie auf Ihre Köpfe. Es gibt zehn Stürze. Das ist zehn Mal die Möglichkeit, sich den Kopf anzuschlagen."

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