Billiglöhne geben Anlass zur Sorge

4.5.2011, 19:00 Uhr
Billiglöhne geben Anlass zur Sorge

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Berechtigt ist die Sorge über einen Verdrängungswettbewerb in einigen Arbeitsbereichen nach Ansicht von Gerhard Fuchs schon. Doch der Geschäftsführer des Fürther Gremiums der Industrie- und Handelskammer begrüßt die Erleichterung der Beschäftigung von Arbeitskräften aus den acht osteuropäischen EU-Staaten. Denn seine Hoffnung überwiegt, den Arbeitskräftemangel in Problembereichen nun besser in den Griff bekommen zu können. Fuchs betont allerdings: „Der Grundsatz des ehrbaren Kaufmanns muss stets gewahrt bleiben.“

Bei dem Fürther Bauernverbandsobmann Siegfried Tiefel hält sich die Freude über die neue Freizügigkeit in Grenzen. Er befürchtet, dass mittel- bis langfristig manche der bislang mit Ausnahmeerlaubnis beschäftigten Erntehelfer aus Osteuropa in lukrativere Handwerksbranchen abwandern. Und für die körperlich anstrengende Arbeit bei Wind und Wetter auf dem Feld gibt es nun mal nicht genug einheimische Interessenten. Die Bürokratie des Genehmigungsverfahrens ist laut Tiefel in den vergangenen Jahren bereits deutlich gelockert worden. „In den Behörden hat man schon gewusst, dass die Grenzen nicht zugesperrt werden können“, erklärt der Obmann die Entwicklung. Im Gegensatz zu den Berufsverbänden ist Tiefel nicht darauf erpicht, den Arbeitsmarkt als Reaktion auf Wanderungsbewegung durch die Liberalisierung nun auch für Billigkräfte aus Moldawien, Weißrussland und der Ukraine zu öffnen. Er geht davon aus, dass die Landwirtschaft in den nächsten Jahren noch über die Runden kommt.

Verhalten beurteilt auch der Obermeister der Fürther Bauinnung, Georg Ruf, die Öffnung des Arbeitsmarktes. Der Langenzenner sieht die Gefahr, dass die Menschen ausgenutzt werden, indem man sie weit unter dem hiesigen Lohnniveau bezahlt. „Wenn sie schon hier arbeiten sollen, dann wenigstens zu vernünftigen Konditionen“, sagt Ruf. Bedarf an Arbeitskräften gebe es wegen des Baubooms schon. Der Obermeister mahnt dennoch zur Zurückhaltung. Es sei schließlich ungewiss, wie lange die Hochphase anhalte. „Lieber ein bisschen auf die Bremse treten und mal einen Auftrag ablehnen, statt Überkapazitäten aufbauen“, lautet die Devise des Handwerkers.

Dass der Arbeitsmarkt mit osteuropäischen Kräften überschwemmt wird, glaubt Ruf nicht. Die kleinstrukturierten Fürther Baufirmen hätten in der Krise kaum Mitarbeiter entlassen. Und in Spitzenzeiten könnten sie sich problemlos in bestimmten Gewerken externer Kräfte bedienen. Sorge bereitet dem Obermeister nur der fehlende qualifizierte Nachwuchs. Die Anforderungen seien auch im Baugewerbe gestiegen. Dem könnten viele Bewerber kaum noch Rechnung tragen.

Schausteller atmet auf

Sehr erleichtert über die neue Freizügigkeit ist der Fürther Schaustellersprecher Helmut Dölle: „Endlich können wir Aushilfskräfte aus Osteuropa auch kurzfristig ordern.“ Der bürokratische Vorlauf mit Antragstellung und Genehmigung entfalle. Damit könne schneller auf besondere Anforderungen reagiert werden. Deutschen nehmen die Osteuropäer nach Dölles Worten keine Arbeitsplätze weg. Einheimische Kräfte mit eigenen Wohnungen und Familien seien für die reisende Tätigkeit bei freier Kost und Logis ohnehin schwer zu gewinnen.

Für das Hotel- und Gaststättengewerbe sieht hingegen dessen Fürther Verbandssprecher, Norbert Straub, keinen Nachholbedarf. Hilfskräfte gebe es genug. Lediglich Fachkräfte würden gesucht. Ob Osteuropäer allerdings zu den üblichen Konditionen auf 400-Euro-Basis arbeiten werden, bezweifelt Straub. Schließlich müssten sie Unterkunfts- und Lebenshaltungskosten abziehen.

Für einen Mindestlohn haben sich im Vorfeld der Liberalisierung die Gewerkschaften stark gemacht. Auch Oberbürgermeister Thomas Jung stellte sich hinter ihre Forderungen.

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