Blankes Entsetzen erfasst die Fürther

14.3.2011, 11:00 Uhr
Blankes Entsetzen erfasst die Fürther

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„Es ist höchste Zeit für erneuerbare und sichere Energie“, sagt die aus Japan stammende Fürtherin Atsuko Kato. Die Überschätzung der Technik gerade in Japan sei fatal. Kato: „Das macht doch keinen Sinn nach so einer Katastrophe, immer weitere Atomkraftwerke zu bauen.“

Nach einer unruhigen Nacht ohne Telefonverbindung hat die Künstlerin gestern erstmals Kontakt zu Angehörigen rund 400 Kilometer vom Katastrophenzentrum entfernt aufnehmen können. Sie sind wohlauf – ein kleiner Trost. Viele Freunde in Japan haben Atsuko Kato und ihr Mann Kunihiko besorgt angemailt. Nun kommen nach und nach Lebenszeichen zurück, doch das Entsetzen über die zerstörerischen Gewalt der Ereignisse bleibt.

Vergleich mit Bomben

Atsuko Kato vergleicht sie mit den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, an die sie als Aktivistin des Fürther Städtebündnisses für den Frieden alljährlich am Mahnmal neben der Auferstehungskirche erinnert. Nur die Hoffnung, dass die Kathastrophe die Wende in der Energiepolitik einläutet, gibt ihr Mut.

Große Traurigkeit, dass der Mensch die Grenzen des Beherrschbaren nicht akzeptiert, befällt die Fürther Katastrophenschutzbeauftragte Petra Wein. Die jetzt eingeleiteten Hilfsmaßnahmen wirken auf sie geradezu lächerlich. Ob ein Schadensfall wie in Japan auch in deutschen Atomkraftwerken möglich ist, kann Wein nicht abschätzen. Fürths Atomschutzbunker aus der Zeit des kalten Krieges, die Tiefgaragen City Center und Stadthalle, sind längst ausgemustert.

Am Wochenende hat sich das bayerische Innenministerium mit der Sicherheitslage befasst und die Kommunen über Vorsorgemaßnahmen für eine Atomkatastrophe informiert. Dazu gehören laut Wein Jodtabletten, die in Apotheken und bei der Feuerwehr vorrätig gehalten werden sollen.

Gegen die Laufzeitverlängerung der deutschen Atommeiler haben sich SPD und Grüne ausgesprochen. Der Bundestagsabgeordnete der Fürther Grünen, Uwe Kekeritz, hat bei der Übergabe einer Klageschrift gegen die Verlängerung an das Bundesverfassungsgericht jüngst moniert, dass im nur rund 80 Kilometer von Fürth entfernten Kernkraftwerk Grafenrheinfeld „ein sicherheitsrelevantes Rohr offenbar defekt“ sei. Ausgetauscht werden solle es jedoch erst bei der nächsten Revision im Herbst. Kekeritz: „Keines der deutschen Atomkraftwerke wäre heute noch genehmigungsfähig. Trotz einiger Nachrüstungen konnten vor allem die Sicherheit der Altmeiler nicht auf den heutigen Stand von Wissenschaft und Technik gebracht werden.“

Beim Technischen Hilfswerk in der Fürther Mainstraße rechnet der stellvertretende Ortsbeauftragte, Thomas Römisch, nicht mit einem Einsatz. Zunächst würden die sechs Schnelleinsatzgruppen aktiviert. Bayern verfügt jedoch über keine solche Spezialeinheit. Laut Römisch macht es auch keinen Sinn, wahllos zu helfen. Um effektiv eingreifen zu können, bedürfe es vor allem einer guten Koordination.

Auch der Vorsitzende der Rettungshundestaffel Franken in Fürth, Jean Schreiber, und die Sprecherin der Rettungshundeabteilung des örtlichen Roten Kreuzes, Silvia Barnickel, stufen einen Einsatz in Japan als unwahrscheinlich ein. Barnickel: „Dazu braucht es Trümmerhunde, die bei uns noch nicht ausgebildet sind.“

Selbst das kulturelle Leben stand am Wochenende in Fürth unter dem Eindruck der Katastrophe in Japan. So widmete der amerikanische Geiger Steve Greenman seinen Beitrag zum Klezmer-Intermezzo am Samstagabend im Kulturforum den Katastrophenopfern in Japan.