Bleistift-Pionier: Ausstellung erinnert an Lothar von Faber

11.6.2017, 16:00 Uhr
Ein Freiherr und Freidenker: Bleistift-Pionier Lothar von Faber (1817-1896).

© Faber-Castell Ein Freiherr und Freidenker: Bleistift-Pionier Lothar von Faber (1817-1896).

Aufrecht sitzt Lothar von Faber in der Eingangshalle des Schlosses und schaut den Eintretenden aufmerksam entgegen. Ein Foto, vergrößert aus einer Aufnahme von 1876, macht die Überraschung möglich und wirkt so lebensnah, als könnte der Herr im dunklen Gehrock gleich selbst durch die Ausstellung führen, die sein Lebenswerk beleuchtet. Ihm müsste vieles, was uns heute geläufig ist, eine Genugtuung sein. Schließlich sind inzwischen zahlreiche seiner vorausschauenden Ideen realisiert und haben sich bewährt.

Was er anstrebte, formulierte der gebürtige Steiner 1869 ganz deutlich: ". . .mich auf den ersten Platz emporzuschwingen, dadurch dass ich das Beste mache, was überhaupt in der Welt gemacht wird." Über die Stiegen des Haupttreppenhauses im exquisiten Jugendstil-Dekor geht es hinauf zur Sonderausstellung, die an seinem 200. Geburtstag eröffnet wird: "Lothar von Faber – Unternehmer, Globalisierer, Visionär" zeichnet das Bild eines Mannes, der im 19. Jahrhundert auf eine Art modern war, die bis heute diese Bezeichnung verdient.

Auf großen Bildtafeln werden seine Schritte vorgestellt, die von Stein aus in alle Welt führten. Mit 20 lernte Lothar von Faber in Paris die aktuellen Finessen seines Metiers kennen, in Zukunft setzte er den Fokus auf die perfekte Qualität seiner Produkte. Er schuf die ersten Markenschreibgeräte, indem er den Namen seines Unternehmens auf die Stifte drucken ließ. Ein Novum, das so gut ankam wie seine "Polygrades". Das waren exquisit gefertigte Bleistifte in unterschiedlichen Härtegraden, die zum Jubiläum jetzt noch einmal aufgelegt werden. Künstler wie van Gogh griffen von nun an zu solchen Zeichengeräten.

Während Lothar in Stein die Produktion zu einem richtungweisenden Betrieb ausbaute, spannte er zugleich ein Vertriebsnetz rund um den Globus. In der Ausstellung ist sein Musterkoffer zu sehen, der so aufwändig gearbeitet ist wie eine Schatztruhe und die Artikel von Faber wie Kostbarkeiten präsentierte.

Die Artikel kommen an - und werden gefälscht

Konsequent erweiterte Lothar die Angebotspalette und legte den Mitarbeitern ans Herz, ganz genau darauf zu hören, was die Kunden wollen. Fabers Artikel kommen an – und werden gefälscht. Mit einer von ihm eingereichten Petition beim Deutschen Reichstag zum Schutz des Markenrechts legte er die Grundlage für das Markenschutzgesetz, das bis heute aktuell ist.

Gleichzeitig ist er im 19. Jahrhundert der erste Arbeitgeber, der sich für die Menschen in seinen Fabriken in vollem Umfang verantwortlich fühlt. Er setzte 1844 eine der ersten Betriebskrankenkassen ein, gründete Kindergarten, Schule, Bibliothek, Bäder, Gesangsverein, eine "Lebensversicherungs-Bank" und ließ Werkswohnungen bauen. Zu den vielen Plänen, die ihn bewegten, gehörte die Idee, "ein europäisches oder internationales Parlament zu schaffen". Als er diese Hoffnung 1879 formulierte, war er sich sicher, "das europäische Gleichgewicht wäre dadurch geschaffen und das ökonomische würde sich alsdann von selbst finden".

Prächtige Urkunde

Der vorausschauende Unternehmer aus Stein fand Beachtung und Anerkennung. 1866 schaute zum Beispiel König Ludwig II. von Bayern vorbei und besichtigte das Unternehmen. In einer Vitrine ruht in der Ausstellung die prächtige Urkunde, die mit einem tellergroßen Siegel bezeugt, dass der König den Mann, den viele Zeitgenossen als "Bleistift-Pionier" titulieren, 1881 in den erblichen Freiherrenstand erhob.

1896 starb Lothar von Faber. Sein einziger Sohn Wilhelm war da schon seit drei Jahren tot. Die Ausstellung wirft noch einen Blick darauf, wie es weiterging: Lothars Enkelin Ottilie heiratete 1898 Alexander zu Castell-Rüdenhausen. Damit beginnt ein neues Kapitel für das Unternehmen, das von nun an Faber-Castell heißt.

Die Sonderausstellung und das Faber-Castell’sche Schloss in Stein (Nürnberger Straße 2) sind an Fronleichnam, 15. Juni, von 11 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt zu besuchen. Ab 18. Juni ist jeden dritten Sonntag im Monat geöffnet.

Bleistift-Pionier: Ausstellung erinnert an Lothar von Faber

© Repro: FN

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