City-Center: Abenteuer im Sechserpack

27.11.2015, 15:00 Uhr
City-Center: Abenteuer im Sechserpack

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Sportlich beginnt es gleich links im großen Gemeinschaftsraum. Dort huldigt Bernd Elsner (Jahrgang 1946) dem Golfspiel. Wie fasst man die Konzentration, Körperspannung und geistige Zielgerichtetheit beim Abschlag in einem Bild zusammen? Gar nicht. Elsner malt stattdessen ein Triptychon, das ein und denselben Golfer beim Positionieren, Ausholen und Abschlagen zeigt. Dynamik erzielt Elsner durch optische Kleinigkeiten, die große Wirkung erzielen.

An der Wand gegenüber hängen Experimentalfotografien von Thomas Bischof, der mit dem Kontrast von monochromem Weiß und Grau und intensiver Farbe arbeitet. Ihn fasziniert der Fortgang der verrinnenden Zeit, das Zusammenspiel von der Statik der Bauwerke und der Dynamik der sie umwuselnden Menschen. Um zu verdeutlichen, wie Zeit vergeht, kombiniert Bischof Aufnahmen desselben Motivs aus derselben Perspektive zu unterschiedlichen Uhrzeiten. Und hoppla, schon strahlt das ganz in weiß gehaltene Brandenburger Tor eine Monumentalität aus, die dem Bauwerk eigentlich gar nicht eignet. Kaum erholt von Bischofs frappierend Dreidimensionalität vorgaukelnden Architekturfotografien, reibt sich der Betrachter schon wieder die Augen. Diesmal vor Tom Schrades titellosen Tropfbildern. Auf großformatigen Leinwänden mit beiger Grundierung ballen sich Kleckse, Linien und winzige Farbspritzer in Weiß, Schwarz und Rot zu Agglomerationen, verstreuen sich bis zur Diffusität im Raum oder bilden energische Bögen oder Diagonalen. Was auf den ersten und zweiten Blick wie eine chaotische formlose Willkür anmutet, hat Schrade zuvor jedoch intensiv berechnet. Ihm geht es um die Bildregie, darum, die Augen des Betrachters zu führen, hier einen Schwerpunkt zu setzen, dort eine Fluchtlinie anzudeuten, und dort wiederum eine wohltuend freie Fläche im Kontrast zu einem Drahtverhau aus schwarzer und roter Farbe.

Etwas unterrepräsentiert zeigt sich Walter Gerstung, der hier mit Frühwerken vertreten ist. Sie zeigen noch die ästhetische Wahlverwandtschaft zu den tierschnäuzigen Physiognomien eines Francis Bacon und zum karikierenden Stil eines George Grosz.

Manfred Edler selbst huldigt dem toten Che Guevara mit einem quasisakralen Märtyrerbildnis aus Kohle, Tusche und Asche. Auch Gerd Lorenz ist zurückhaltend vertreten, dafür aber mit einem großformatigen Gemälde, einer Ansicht der Fürther Freiheit in den Fünfziger Jahren. Zwei Buben begutachten ein vor einen Karren geschirrtes Ross, dahinter leuchtet das Parkhotel und fährt sogar eine Straßenbahn die Adenauer-Anlage entlang. Wie bei einer Doppelbelichtung ziehen sich Bögen durchs Bild, sowie eine horizontale Stange mit vertikalen Raumteilern. Des Rätsels Lösung: Dies ist der malerische Eindruck von einem Foto, das wiederum auf die Hauswand eines baufälligen Hauses projiziert worden ist.

Den Raum nebenan hat Walter Scheinkönig ganz für sich alleine. Er arbeitet mit gefundenen Materialien, das reicht vom Splitter einer Christbaumkugel über Treibholz bis zum Kanalschachtdeckel. Myriaden von glänzenden Weihnachtskugelsplittern ergeben ein wahrhaft schillerndes Mosaik von Jimi Hendrix.

Scheinkönig verwandelt Trommeln von Waschmaschinen und Nähmaschinengestelle in Sitzmöbel, arrangiert Leiterplatten zu beleuchteten Stadtlandschaften aus Satellitenperspektive oder arrangiert einen Kanaldeckel zu einer Feuerstelle um. Ist das wirklich noch ästhetisches Upcycling? Oder schon eine Fingerübung für die postapokalyptische Gemütlichkeit?

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