Darum essen die Besucher Baggers nur auf der Kärwa

7.10.2018, 10:00 Uhr
Darum essen die Besucher Baggers nur auf der Kärwa

© Peter Budig

Es geht wieder los, mit Gebimmel und dem Ruf "Hier gibt’s Backfisch!" der "Sylter Backfisch-Rutsche". Ersoffen in einer garantiert nicht fettarmen, aber richtig leckeren Remoulade kommt der panierte Fisch auf den Pappteller. Darauf kann man sich verlassen, ebenso wie auf die Menschenmassen vor Kurt Graubergers „Alter Bierhütt’n“ gleich nebenan oder vor dem Bierverkauf, den die Fürther „Ammerndorfer Strand“ nennen. Auch Dölles Schwenkgrill wird gerne belagert und gehört einfach dazu. Natürlich gibt es viel Neues zum Jubiläum, aber es ist das Vertraute, das die Menschen anzieht.

Kärwa ist nur einmal im Jahr, drum darf es gern auch eine süße Sünde sein. Stefan Wenzl serviert seit 2017 "Churros". Ein Brandteig wird durch einen Abfüllstutzen gezwängt, und die Teigwürste gleiten in siedend heißes Fett. Die spanische Teigleckerei wird mit Schoko-Kuvertüre, Erdbeersauce oder Puderzucker serviert.

Ein orientalischer Traum seit Kindertagen ist der Stand von Marco Siljanovic. Selbstgemachtes Marzipan, verfeinert mit Kirschen, Rum, Eierlikör. Außerdem türkische Sudchuk. So heißt eine scharfe Knoblauchwurst, und so ähnlich schaut die weiche Geleemasse mit Mandeln auch aus, doch sie schmeckt süß und nussig.

Zwei Sorten türkischen Honig führt er im Angebot: "Der französische ist weich und samtig, der original türkische ist hart", erklärt Siljanovic, der das Geschäft mit Ehefrau, Mutter und Verwandten betreibt.

"Knödel" statt "Kloß"

"Knödel" nennen Anja Wormus und Ralph Meister ihre runden Kugeln aus gekochtem Kartoffelteig.Sie wissen natürlich, dass es hier "Kloß" heißt, aber ihre Variante ist gefüllt: mit Hackfleisch oder vegetarisch mit Frischkäse, sehr deftig mit Pfälzer Leberwurst auf Sauerkraut. Sie sind zum ersten Mal in Fürth, um die westdeutsche Variante von "Kloß mit Soß" an den fränkischen Gaumen zu bringen.

Vorbei an Flammkuchen und Steini's duftender Holzofenpizza, an riesigen Pommes aus echten Kartoffeln treffen wir Alfred Hofmann an seiner kleinen Bude, wo es Tausende Bonbons in Gläsern gibt: 45 Jahre schon, seit seinem 18. Lebensjahr, verkauft er Malz-, Himbeer- und vor allem Zwetschgen Bonbons, "denn das ist der Fürther Bonbon schlechthin", verrät er. Hofmann ist der Nachbar vom "Baggers-Gärtla", einer Station, die es so nur in Fürth gibt. Diese superkrossen Baggers "gibt es nur in Fürth", erzählt lachend Nicole Grauberger, deren Schausteller-Familie aus Burgfarrnbach stammt.

Darum essen die Besucher Baggers nur auf der Kärwa

© Peter Budig

Der Baggers-Stand in der Friedrichstraße ist stets umlagert, "viele Nürnberger kommen extra deshalb her", weiß die Schaustellerin aus einer weitverzweigten Familie mit vielen Geschäftsideen. Der handgemachte Kartoffel-Teig, das seit 40 Jahren von der Oma Renate selber gemachte Pflaumenmus und der Apfelkompott, die deftigen Varianten mit Sauerkraut und Zaziki, das alles schmeckt wunderbar nach Kärwa.Seltsamerweise gehen die Baggers aber nur in Fürth, auf anderen Volksfesten – in Nürnberg oder Crailsheim – hat es Nicole Grauberger auch versucht. Erfolglos.Warum das so ist? "Das liegt am Fürther Publikum. In Fürth kommen einfach andere Leut'. Man sagt nicht umsonst, dies sei die Königin der Kirchweihen."

Hefeteig aus Ungarn

Ein ganz anderer Leckerbissen hat seinen Siegeszug von der Michaelis-Kirchweih aus angetreten. Der ungarische Flugverkehrsoffizier Janos Drevenka kam 1982 nach Franken. Es war nicht einfach, damals Fuß zu fassen, eine Luftfahrtkrise verhinderte die Beschäftigung im gelernten Beruf. Als er in Hersbruck im Übergangswohnheim lebte, wurde er gebeten, für das Hersbrucker Altstadtfest etwas typisch Ungarisches anzubieten. Drevenka entschied sich für "Langos", ein im heißen Fett ausgebackener Hefeteig, der in Ungarn luftig und duftend – mit Knoblauch bepinselt – mit Käse und Sauerrahm verfeinert zubereitet wird.

Der Teigimbiss brauchte ein wenig, erst einige Kirchweihen später gelang es dem Budapester, in Fürth Fuß zu fassen: "Ich war ein Privatmann aus Ungarn,es hat gedauert, bis die Schausteller mich akzeptiert haben", erzählt er. "Doch ich habe stur an meinen Qualitätsprinzipien festgehalten und fünf Jahre lang allein geschuftet, 16 Stunden am Tag." Allmählich bekam er bessere Plätze, am Berg in Erlangen, in Forchheim auf dem Annafest, später wurde aus dem einen Imbiss in Fürth an der Kirche ein zweiter nahe der Feuerwehr. Inzwischen ist das Imbiss-Geschäft an Marco Ulrich verkauft, der den Stand an der Kirche erneuert hat. Überall werden heute Langos angeboten, auf der Fürther Kärwa 2018 sind es vier Stände unterschiedlicher Beschicker.

 Frisch vom Atlantik

Seit 20 Jahren kommen Anneliese und Ralf Pazdera nach Fürth. Vor über 40 Jahren gründete er einen Fischimbiss, daraus wurde ein fahrendes Restaurant, mit gepolsterten Bänken, schicken Tischgedecken und einem nagelneuen Holzboden. Die Pazderas, Sohn Kevin und Melanie sind auch im Geschäft, servieren Karpfen und Forellen aus dem Aischgrund, Zander, Rotbarsch, Scholle, fast alles lebend geschlachtet oder frisch vom Atlantik geliefert wie der berühmte Steckerlfisch: Die Makrele ist nämlich ein Salzwassertier ebenso wie der Hering.Was wäre die Kirchweih ohne den Duft der gegrillten Fische, die man mit Semmel und Kartoffelsalat oder einfach pur genießen kann.

Anfangs standen die Pazderas in der Adenaueranlage, heute findet man ihn an der kleinen Freiheit, fast direkt neben Heidi Kalbs gelbem Ausschank "Chapeau Claque". Dort gibt es dann den Absacker, eine Augustiner-Halbe oder einen Cocktail. Nirgends sonst kann man den Kärwabesuch gehaltvoller ausklingen lassen, als bei Lorenz Kalbs musikalischen Evergreens und den Drinks seiner Frau Heidi.

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