Das Eidechsenparadies in der Sporcher Burgmauer

13.8.2014, 06:00 Uhr
Das Eidechsenparadies in der Sporcher Burgmauer

© Foto: Ilona Kriesl

Es nieselt, während Jakob Andreä die Außenmauern der Cadolzburger Burg absucht. Er hofft, ein Exemplar der Gattung „Podarcis“, eine Mauereidechse, zu Gesicht zu bekommen. Seit etwa fünf Jahren fühlen sich die grün bis braun-schwarz gesprenkelten Tiere hier heimisch. Die Tiere erreichen eine Länge von bis zu 22 Zentimetern – allein auf den Schwanz entfallen zwei Drittel der gesamten Körperlänge. Doch bei der feucht-kühlen Witterung harren die Tiere lieber in ihren Verstecken aus. „Heute herrscht kein Eidechsenwetter“, verrät Andreä.

Wenn der 18-jährige Abiturient über Eidechsen spricht, gerät er ins Schwärmen. Andreä findet die flinken Kriechtiere „irgendwie putzig“, besonders die Jungtiere mit ihren großen Köpfen und den runden Augen.

Auch bei sich zuhause frönt er seiner Leidenschaft für alles, was kreucht und fleucht: In Terrarien hält er Geckos, Pfeilgiftfrösche und eine Baumvogelspinne – sehr zum Leidwesen seiner Freundin. Regelmäßig trifft er sich mit Amphibienfreunden zum Austausch. Im vergangenen Sommer hatte er mehr Glück bei der Suche nach den kleinen Echsen: Für eine Projektarbeit erforschte der Schüler die Population an der Burg. Er dokumentierte und fotografierte sie, erfasste die klimatischen Bedingungen.

Dabei entstanden eindrucksvolle Aufnahmen. Jakob Andreä zeigt Bilder, auf denen die Reptile auf Steinvorsprüngen in der Sonne liegen und sich wärmen. Auf einem anderen Bild lässt sich eine Echse eine Spinne schmecken, während ihre Artgenossen aus Rohren und Ritzen lugen. Etwa 60 Tiere, schätzt der ehemalige Schüler, leben in und an den Burgmauern – sie fühlen sich hier wohl.

Dafür spricht auch, dass Andreä nur wenige Tiere ohne Schwänze sichtete – ein Indiz dafür, dass in der Population wenig Feindesdruck herrscht. Denn wenn die Tiere verfolgt oder bedroht werden, opfern sie ein Teilstück ihres Schwanzes, das im Anschluss noch eine Weile zuckt. Das abgeworfene Stück soll die Angreifer ablenken, während die Echse sich in Sicherheit bringt. „Das Tier bildet im Anschluss ein Schwanzregenerat aus, das oft kürzer als das Original ist“, erklärt der Abiturient.

Besonders Hauskatzen ergänzen ihren Speiseplan mit den Kriechtieren. Sie besitzen allerdings einen entscheidenden Nachteil: „Katzen können keine Mauern hochklettern, Echsen dafür umso besser“, erzählt Jakob Andreä. Dank ihres flachen Körpers, den kräftigen Beinen und langen Zehen erklimmen sie jede Mauer mühelos. Zum Ausruhen verkriechen sich die Echsen in Spalten zwischen den Sandsteinquadern oder in offenen Drainagerohren.

„Solche Versteckmöglichkeiten sind extrem wichtig“, weiß der 18-Jährige. Noch gibt es in den Burgmauern ausreichend Ritze – doch das könnte sich im Zuge der aktuellen Sanierungsarbeiten bald ändern. Teile der Außenfassade sind mit Baugerüsten versehen. „Mit den Baumaßnahmen verschwinden die Hohlräume. Außerdem besteht die Gefahr, dass Tiere eingemauert werden“, erklärt der Jungforscher. Er vermutet, dass über die Population noch nichts bekannt war, als die Arbeiten beschlossen wurden – „deswegen fand wohl auch keine Umsiedlungsaktion statt.“

Auffällig ist, dass es sich bei den Eidechsen um eine Unterart handelt, die üblicherweise in Italien vorkommt. Andreä, der Mitglied im Bund Naturschutz ist, glaubt deshalb, dass die Tiere von einem privaten Halter an Ort und Stelle ausgesetzt wurden. „Dafür spricht die starke Grünfärbung der Eidechsen. Halter kaufen diese Tiere bevorzugt.“

Was die Zukunft der Echsen betrifft, kann aufgrund der Bauarbeiten keine gesicherte Aussage gemacht werden. Die Population könnte sich vor Ort dauerhaft etablieren – oder so schnell verschwinden, wie sie aufgetaucht ist. Jakob Andreä weiß dagegen genau, was in den nächsten Jahren auf ihn zukommt: Er hat dank der Eidechsen das wissenschaftliche Arbeiten für sich entdeckt – und will jetzt Umwelt- und Geowissenschaften in Trier studieren.

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