Das Fremde im Blick

14.3.2017, 18:05 Uhr
Das Fremde im Blick

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Die Kunst von Isabelle Braud ist partizipatorisch, stellt die Begegnung mit Menschen in den Vordergrund, die ihre Geschichte erzählen, die von Braud wiederum in Bildern festgehalten werden, welche ihrerseits in einen Dialog treten mit dem Betrachter. Ihre Ausstellung mit sechzehn großformatigen Werken von Menschen aus Fürth und aus Limoges steht an der Schnittstelle mehrerer Fürther Aktionen. Entstanden ist das aktuelle Projekt aus der Städtepartnerschaft zwischen Fürth und Limoges, die ihr 25-jähriges Bestehen feiert.

Im Angesicht von Terror, einer neuen Tendenz zu Abschottung und zum Misstrauen gegen Fremdes ist so eine Verbindung wichtiger denn je. Das spiegelt sich auch in der Auswahl an Menschen wider, die Braud in den letzten beiden Jahren interviewt hat: Bei ihren Fürther Gesprächspartnern handelt es sich um Menschen, die als Ausländer in Fürth eine neue Heimat gefunden haben. Den größeren Anteil machen dabei Frauen aus, ganz bewusst.

Dazu passend fand die Ausstellungseröffnung in der Auferstehungskirche in Anschluss an das 18. Fürther Komponistinnenkonzert statt, bei dem Sirka Schwartz-Uppendiek und Michael Herrschel französische Chansons präsentierten. Auch bei dieser Konzertreihe geht es schließlich darum, der Übermacht an männlichen Komponisten – auch im Bewusstsein der Menschen – Beispiele weiblichen Schaffens entgegenzustellen.

Dass dabei durchaus noch Pionierarbeit zu leisten ist, zeigt sich etwa daran, dass über das Leben von Jacqueline Batell, deren "Espoir" Herrschel vortrug, bislang so gut wie nichts bekannt ist – nicht einmal ihre Lebensdaten stehen fest. Und wer außer einigen Spezialisten hätte etwa gewusst, dass die 1804 geborene Louise Farrenc die erste Professorin an der Hochschule für Musik in Paris war?

So schafften Schwartz-Uppendiek und Herrschel auch hier Raum für Begegnungen: mit den Werken kaum bekannter Frauen, mit der zwischen Überschwang und Melancholie changierenden Welt des Chansons, mit der öffentlichen Meinung, die dafür sorgt, dass eine Frau die Dinge, die sie nie gesagt hat, plötzlich doch gesagt hat.

Solche Begegnungen – mit dem Schönen, mit dem Traurigen, mit dem Fremden – will im Reformationsjahr das Projekt "Reformkiosk" ermöglichen und begleiten, so dass die Ausstellung "Le vase préféré" auch in diesen Zusammenhang gestellt ist. Doch wieso nun eigentlich Vasen, um dem Menschlichen auf die Spur zu kommen, den Geschichten, die sie zu erzählen haben, den Erfahrungen, die sie prägen? Vasen, so erinnert Christian Fritsche von der Galerie in der Promenade, sind viel mehr als nur Behälter für Blumen. Sie sind Zeichen des Lebens, eines der ältesten Kulturgüter des Menschen, in denen Lebensmittel, Öle und Salben bewahrt wurden und die oft starken kultischen Charakter hatten. Und so spielen Blumen bei den Vasenbildern Brauds auch eine erstaunlich geringe Rolle. Stattdessen stehen die Vasen inmitten von Objekten, die Lebensgeschichten erzählen: zwischen Familienfotos, auf einem bunten Tischtuch, das den Tisch als Ort der Begegnung zeigt, hinter einem roten Computerkabel, das die Verbindung zur Welt und dem in der alten Heimat Zurückgelassenen symbolisiert. Bis zum 17. April laden die Bilder zur Begegnung und zu Entdeckungen ein.

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