Das sagen die Fürther zum Diesel-Skandal

7.9.2017, 11:00 Uhr
Angelus Grüner mit seiner Dieselmaschine.

© privat/Angelus Grüner Angelus Grüner mit seiner Dieselmaschine.

Der Dieselmotorrad-Fahrer

Angelus Grüner, organisiert jedes Jahr das Dieselmotorrad-Treffen in Wilhermsdorf:

"Ich fahre eine Royal Enfield Diesel. Es gibt in Deutschland nur eine ganz kleine Anzahl an Dieselmotorrädern, die aktiv gefahren werden, etwa 100 Stück, schätze ich. Das hängt damit zusammen, dass die Motoren fast noch aus der ,Steinzeit‘ der motorisierten Fortbewegung sind und sehr wenig Leistung haben. So hat meine Enfield zum Beispiel nur 6,5 PS und fährt damit auch nur 80 km/h. Das ist vielen Leuten einfach zu langsam. Jeder will ein Motorrad mit mindestens 50 oder gar 70 PS haben und nimmt den Mehrverbrauch in Kauf. Die Umwelt steht hier meist an letzter Stelle.

Ich fahre Dieselmotorrad, weil es sehr wenig verbraucht, nur eineinhalb bis zwei Liter auf 100 Kilometer. Andere Motorräder brauchen mindestens fünf bis sieben Liter. Ich denke, dass Dieselmotorräder durch ihre Sparsamkeit auch umweltschonender sind. Denn der CO2-Ausstoß steht ja direkt im Zusammenhang mit dem, was man verbrennt. Ich habe also zum Beispiel bei zwei Litern Verbrauch viel weniger Ausstoß, als wenn ich sieben Liter verbrenne. Wenn jeder Dieselmotorrad fahren würde, hätten wir wahrscheinlich weniger Probleme mit der Umwelt. Man braucht keinen Porsche Cayenne Turbo, um seine Kinder zur Schule zu fahren. Und was ich außerdem noch sagen möchte: Es kann nicht sein, dass Leute an der Macht sind wie ein Donald Trump, der aus Klimaabkommen aussteigt und weiterhin Kohle verbrennen will — und gleichzeitig sagt, VW ist böse."

Der Rapsöl-Produzent

Kraftstoff aus Raps ist kaum mehr gefragt.

Kraftstoff aus Raps ist kaum mehr gefragt. © Tom Kern

Rainer Tiefel, stellt bei Rangau-Rapsöl Kraftstoff für den Tank her:
 
"Der Markt für Kraftstoff aus Rapsöl ist faktisch zusammengebrochen. Als wir 2006 mit der Herstellung begonnen haben, gab es noch keine Energiesteuer auf Rapsöl. Damals wurden knapp zehn Prozent des deutschen Rohölbedarfs über Rapsöl gedeckt, heute sind es unter 0,1 Prozent. Denn im Vergleich mit dem Diesel, der den gleichen Steuersatz hat, sind wir seit der Vollbesteuerung 2011 immer im Hintertreffen. Raps ist ein nachwachsender Rohstoff. Die jährliche Produktion kostet einfach viel mehr, als wenn man irgendwo Rohöl aus der Erde pumpt.

Zu Beginn der Produktion haben noch einige Landwirte auf Rapsöl umgestellt, jetzt ist die Nachfrage nach dem Kraftstoff gering. Es gibt allerdings noch mehrere andere Verwendungszwecke: als Speiseöl, als Futtermittel oder als Heizöl zum Beispiel. Rapsöl, wie wir es herstellen, ist nicht gleich Bio-Diesel. Das wird oft verwechselt. Für Bio-Diesel wird Raps,- Soja- oder Palmöl verestert, das ist ein chemischer Prozess. Wir machen reines Rapsöl für den Tank. Ich bin selbst Dieselfahrer und hatte schon Autos, bei denen ich Steuervergünstigungen bekommen habe, weil die ja angeblich so umweltfreundlich waren. Weil ich viel mit dem Auto unterwegs bin, ist es einfach ein wirtschaftlicher Vorteil, dass Diesel einen anderen Steuersatz hat als Benzin und dadurch weniger kostet. Ich denke aber, wenn beide den gleichen Steuersatz hätten, würde für viele der Anreiz wegfallen, sich einen Diesel zu kaufen."

Der Elektroauto-Fahrer

Bisher kauft sich nur die Minderheit der Autofahrer ein Elektrofahrzeug.

Bisher kauft sich nur die Minderheit der Autofahrer ein Elektrofahrzeug. © Z1031/_Jan Woitas

Markus Weber aus Fürth, ist seit drei Jahren elektrisch auf den Straßen unterwegs:
 
"Ich hatte früher einen VW Touran Diesel. Eigentlich aus Umweltgründen, weil ich dachte, dass der ökologischer ist — das war ja dann nicht so. Das Thema Elektromobilität hat mich schon lange interessiert. Allerdings hat es gedauert, bis ein bezahlbares Auto auf den Markt kam. Vor drei Jahren bin ich dann umgestiegen und habe ich mir einen Renault Zoe gekauft. Den hatte ich bis vor Kurzem, inzwischen fahre ich einen Hyundai Ioniq. Ich habe die Entscheidung für ein Elektroauto nie bereut. Man belästigt andere Leute nicht mit Lärm, man produziert keine Abgase, und sportlicher ist es auch noch.

Der Markt entwickelt sich außerdem schneller, als die meisten Leute das mitkriegen, auch, was die Reichweite angeht. Der Zoe hatte 150 Kilometer Reichweite, der Ionic schafft 220. Und er lädt sehr schnell nach – man muss nur einen Kaffee trinken, dann kann man weiterfahren. Das Problem sind momentan die Lieferengpässe. Man bekommt ja gar kein Auto ohne mehrere Monate Wartezeit, manche sind praktisch gar nicht lieferbar. Auf den Ionic muss man gerade 12 Monate warten. Deswegen werden so wenige Elektroautos verkauft. Oder Tesla – die haben eine halbe Million Vorbestellungen. Die haben mit dem Erfolg nicht gerechnet. Die Autoindustrie hat sich insgesamt verkalkuliert, glaube ich — oder sie will es nicht anders."

Der VW-Fahrer

Viele VW-Kunden müssen ihre Autos nachrüsten lassen.

Viele VW-Kunden müssen ihre Autos nachrüsten lassen. © PAUL J. RICHARDS

Thomas Scherer, fährt einen VW-Golf, seit er seinen Führerschein hat:
 
"Vor zwei Jahren habe ich mir für 17 000 Euro einen VW Golf mit wenigen Kilometern gekauft, meinen achten. Bis auf eine Ausnahme bin ich die ganzen Jahre dem Diesel treu geblieben. Ich fahre öfter weite Strecken und bin ein eher passiver Fahrer, dafür ist der sparsame Diesel gut. Außerdem hatte ich immer einen gewissen Umweltgedanken im Kopf, da war mir ein niedriger CO2-Ausstoß wichtig - an Stickoxide habe ich dabei erst gar nicht gedacht.

Meinen letzten Golf hatte ich, bis er 180 000 Kilometer drauf hatte. Das wollte ich mit dem Neuen wieder so machen. Vor einiger Zeit kam dann ein Schreiben, dass ich ein Software-Update durchführen lassen soll. Bald darauf kam ein zweites, schon mit mehr Nachdruck. Der Werkstattmeister hat mir bei meinem Termin dann aber zugeraunt, dass ich mit dem Update besser solange warten soll wie möglich. Sie hätten nur Probleme. Der Rußpartikelfilter versotte nach dem Update viel schneller und das Abgasrückführungsventil verkokele. Und das auszutauschen, kostet beides richtig viel Geld, an die tausend Euro. Den größten Schlag habe ich aber bekommen, als ich gefragt habe, wie viel denn das Auto momentan noch wert ist: 6000 Euro, hieß es. Ich habe schon überlegt, gegen VW zu klagen, aber ich glaube nicht, dass ich dafür das Geld und das Durchhaltevermögen habe."

Der Fahrrad-Fahrer

Das sagen die Fürther zum Diesel-Skandal

© Frank Kreuzer

Olaf Höhne, Vorsitzender des ADFC in Fürth, fährt, wo es geht, mit dem Rad:
 
"Wenn man den Radverkehrsanteil ausbauen würde, könnte das einiges von der Schadstoffbelastung wegnehmen. Dazu braucht es aber natürlich eine bessere Infrastruktur und sicherere Radwege, so dass sowohl Kinder als auch ältere Personen, aber auch zügige Radfahrer sie gleichermaßen benutzen können. Solange die Leute ihre Kinder nicht mit dem Rad zur Schule fahren lassen, weil es ihnen auf den Straßen zu gefährlich ist, haben wir weiterhin Staus am Morgen vor den Schulen. Die Radwege müssen sicherer werden und der öffentliche Nahverkehr billiger.

In anderen Ländern liegt der Radverkehrsanteil bei 40 Prozent, in der Region bei nur 13 Prozent. Natürlich ärgert es mich da, wenn ich sehe, wie wenig Geld in den Radverkehr gesteckt wird und wie stark die Autolobby ist. Dabei ist man innerstädtisch mit dem Rad schneller und oft stressfreier unterwegs als mit dem Auto und kann die Fahrzeit besser kalkulieren. Mit dem PKW steht man länger vor jeder Ampel und auch mehr im Stau. Ich nehme das Auto nur, um in den Urlaub zu fahren oder wenn das Wetter sehr schlecht ist. Wir haben ein Baby, das kann man dann nicht bei strömenden Regen im Anhänger mitnehmen. Die Einkäufe erledige ich aber meist mit dem Lastenfahrrad. Das ist viel praktischer. Ich mache das sicherlich auch ein wenig, um den Leuten ein Vorbild zu sein. Das Fahrrad muss viel mehr als alltägliches Transportmittel gesehen werden statt nur als Freizeitgerät."

Der Landwirt:

Hans-Peter Rotter ist für den Kartoffelanbau noch auf Dieseltraktoren angewiesen.

Hans-Peter Rotter ist für den Kartoffelanbau noch auf Dieseltraktoren angewiesen. © Christian Fritz

Hans-Peter Rotter, ist für die Feldarbeit auf Dieseltraktoren angewiesen:
 
"Prinzipiell bin ich von der Debatte um den Diesel nicht so sehr betroffen, zumindest, was Fahrverbote für die Innenstadt betrifft. Da müssen wir mit den Traktoren ja normalerweise nicht rein. Ich kann mir allerdings auch nicht vorstellen, dass in nächster Zeit radikale Fahrverbote kommen. Der Lieferverkehr muss ja weiterhin irgendwie in die Städte kommen. Da wird vieles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Privat fahren wir allerdings auch Diesel, viele alte Modelle.

Für die landwirtschaftliche Nutzung können wir jedes Jahr Rückzahlungen beantragen, das sind um die 20 Cent pro Liter Diesel. Dafür muss man für jedes Fahrzeug nachweisen, wo, für welchen Zweck und wie viele Stunden es im Einsatz war. Ob ich ein Problem damit habe, mit Diesel über die Felder zu fahren? Prinzipiell wäre es natürlich schöner, wie könnten alles wieder mit Pferden machen. Wir haben hier auf dem Hof auch eine Pferdepension. Aber dann könnten wir niemals so wirtschaften, wie wir das momentan tun, das würde zu viel kosten. Biodiesel oder Rapsöl kann ich für meine Traktoren auch nicht verwenden, die sind darauf nicht ausgelegt. Eine andere Möglichkeit wäre die Elektrifizierung, da bräuchte man aber sehr große Akkus. Nur Biogas wäre eine Alternative, dafür müsste man einen anderen Tank einbauen. Einfach so auf einen anderen Antrieb umsteigen geht momentan noch nicht – das wird sich aber ändern, falls der Diesel verboten wird."

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