Der Begeisterer

22.11.2014, 13:46 Uhr
Der Begeisterer

© Foto: Michael Müller

Wie viel Diktator muss in einem guten Dirigenten stecken?

Ofner: Ich glaube, die Zeit der Diktatoren ist vorbei. Leute vom Schlag eines Celibidache, Karajan, Toscanini stehen nicht mehr vor einem Orchester. Heutzutage ist ein Begeisterer gefragt, der die Musiker zu Hochform inspiriert. Ich glaube jedenfalls nicht, dass jemand wie Sir Simon Rattle (Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, FN) die Peitsche auspackt. Andererseits: Eine gewisse Linie muss man haben und auch durchsetzen.

Was hat Sie in Ihrer bisherigen Karriere mehr überrascht: der Germeringer Kulturförderpreis oder der Ruf des Fürther Lehrerorchesters?

Ofner: Beides hat mich sehr gefreut. Dass die Fürther mich kennen lernen und nach der Erstbegegnung tatsächlich haben wollten — das fand ich schon sehr prima. In einer Stadt, die drei Orchester hat (Lehrerorchester, Kammerorchester, Streichhölzer, FN), arbeiten zu dürfen, ist toll.

Welches Konzerterlebnis war für Sie ausschlaggebend, zu sagen: Ich werde Dirigent?

Ofner: Das einschneidende Live-Erlebnis gab es nicht, aber es gab die Musik. Im Radio oder auf Platte. Mit 17, 18 Jahren dachte ich mir: Das möchte ich auch machen. Dirigent zu werden, war schon mein Plan vor dem Kirchenmusikstudium. So ein Orchesterklang ist einfach was Feines.

Vorbilder?

Ofner: Es gibt keinen speziellen Dirigenten, von dem ich sagen würde, ich will unbedingt so sein wie der. Was Celibidache konnte, finde ich bewundernswert. Dass Thielemann eine Wagner-Partitur auswendig kann, ist unglaublich, das merkt man, wenn man selber nur versucht, eine kleine Mozart-Symphonie zu lernen. Aber letztlich muss ich ich selbst sein.

Sind Sie ein Proben- oder ein Abenddirigent?

Ofner: Ich glaube, dass die Probenzeit aufs Konzert zuläuft. Laufenlassen trotz guter Proben würde ich den Abendauftritt aber nicht. Wichtig ist, dass man am Abend sauber abruft, was man zuvor eingeübt hat.

Wie kam der Kontakt zum Fürther Lehrerorchester zustande?

Ofner: Es gab eine Anfrage bei der Orchesterleitungsklasse in Nürnberg. Die Hochschule versucht immer, ihre Studenten bei Ensembles im Großraum unterzubringen, man lernt ja nirgends besser als in der Praxis. Daraufhin habe ich mich im Mai den Fürthern vorgestellt und wurde genommen.

Worauf legen Sie Wert bei der Arbeit mit dem Orchester?

Ofner: Ich finde, eine Freude am Spielen ist wichtig für die Probenatmosphäre. Wir wollen gemeinsam schauen, wie wir zum musikalischen Ergebnis und Erleben kommen und wie das Orchester einen Klang hinbekommt. Ein schöner Gruppenklang ist bei den Fürthern bereits vorhanden, da haben meine Vorgänger John Lidfors und Dace Timbare gute Arbeit geleistet. Außerdem ist mir wichtig, dass man die Stücke so gut kennenlernt, dass man wirklich weiß, was in ihnen steckt.

Wie hoch muss die Frustrationstoleranz sein, wenn man ein Laienensemble dirigiert?

Ofner: Natürlich sucht man die Stücke so aus, dass es geht. Mit Laien erleben Sie aber vor allem, und das ist das Tolle, die Bereitschaft zum Üben und Lernen. Natürlich stelle ich mir die Frage, was ich in Fürth erreichen will. Bei Profis sollte es CD-Qualität sein. Bei uns, denke ich, sollte gut Geprobtes gepaart mit Spielfreude rüberkommen. Übrigens gibt es umgekehrt ja auch Rücksichtnahme auf mich. Wenn ich mich als Anfänger vor den Berliner Philharmonikern verschlage, bin ich unten durch. Hier nicht. Das gibt auch mir eine Sicherheit.

Welches Repertoire wollen Sie pflegen?

Ofner: Ich möchte, dass das Orchester alle Stilepochen draufhat und spielt. Und wahrscheinlich wird sich herauskristallisieren, dass ich öfter mal in die romantische Ecke gehe. Romantik spricht mich am meisten an. Größere Pläne gibt es aber aktuell noch nicht, ich bin ja noch nicht so lang dabei.

Kennen Sie schon die Stärken und Schwächen des Orchesters?

Ofner: Mir gefällt, dass von den Musikern viel kommt, die Phrasierung ist sehr wach, das Zusammenspiel sehr entwickelt. Das sind Qualitäten, die ich nicht erst herstellen muss. Arbeiten muss ich daran, dass sie bei den neuralgischen Punkten der Werke beim Dirigenten sind und nicht auf Autopilot fahren.

Und Ihre Stärken und Schwächen?

Ofner: Ich glaube, dass ich ganz gut spüre, was in einem Orchester los ist. Ob ich schlagtechnisch schon das Nonplusultra mache, weiß ich nicht, aber bis zum Studienabschluss ist ja noch etwas Zeit.

Lampenfieber vorm ersten Fürther Konzert?

Ofner: Das habe ich eher als Solist, als Dirigent nicht so sehr. Der Stress an der Orgel ist ein ganzes Stück größer.

Herbstkonzert des Fürther Lehrerorchesters: Werke von Joseph Rheinberger (Orgelkonzert Nr. 2 g-moll), Johann Sebastian Bach (Fantasie und Fuge g-moll BWV 542, Solist: Michael Leyk), Wolfgang Amadeus Mozart (Symphonie Nr. 29 A-Dur). Sonntag, 17 Uhr, Christophoruskirche (Flurstraße 28), Karten (15/8 Euro) an der Abendkasse.

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