Der Biber in Fürth: "Eine Bereicherung für die Natur"

19.5.2015, 11:22 Uhr
Der Biber in Fürth:

© Fotos: Hans-Joachim Winckler

Der Biber in Fürth:

Die Wiese entlang der Mühltalstraße blüht in gelb-grüner Farbenpracht, kniehoch stehen die Gräser am Wegesrand. Während sich die Autos auf der kurvenreichen Straße ihren Weg bahnen und die Natur eben Natur sein lassen, lohnt sich ein Blick hinter das Dickicht aus Bäumen und anderen Gewächsen.

Hier, nur wenige Minuten vom Stadtkern entfernt, hat sich der Biber seinen ganz eigenen Lebensraum geschaffen, ein Biotop zwischen Zugstrecke und Wohnhäusern quasi. Die Spuren der Nagetiere sind am Ufer unübersehbar. In monatelanger Arbeit haben sie Äste verschiedener Größen angeschleppt und so geschickt arrangiert, dass sich der Farrnbach dahinter staut.

Um optimal leben zu können, muss der Pegel eine gewisse Höhe haben, denn die Eingänge zu den Biberburgen sollten unter Wasser liegen. Schätzungsweise 20 Quadratmeter ist der Unterfarrnbacher Damm groß, bräunlich glänzend liegt er da und wirkt dennoch irgendwie nicht naturbelassen.

Der Grund: Die Stadt musste Hand anlegen und den Wall mit einer Drainage versehen. Der Biber hatte ganze Arbeit geleistet und so stieg der Wasserstand im kleinen Bach um mehr als 40 Zentimeter an. Im Winter trat das Gewässer dann über die Ufer und überschwemmte den angrenzenden Rad- und Fußweg. Etwa eine Woche war die Talquerung gesperrt, bis der Damm von Menschenhand manipuliert und angepasst worden war.

Solche Vorfälle zu überwachen und die Population im Auge zu behalten ist Aufgabe von Herbert Schlicht. Der Ex-Stadtrat, seit 1987 Naturschutzwächter der Stadt, übernahm nach dem Tod von Konrad Mühlehner dessen Posten als Biberbeauftragter. Bis vor Kurzem hat der 75-Jährige die Flüsse und Bäche im Stadtgebiet nach Spuren des Bibers abgesucht. Das Ergebnis: An etwa zehn Stellen an Farrnbach und Zenn fand er Behausungen, Dämme und kleinere Hinweise auf die Tiere.

"Die Natur ist intakt"

Gesehen hat Schlicht zwar noch keines der nachtaktiven Lebewesen, er geht aber davon aus, „dass etwa 20 Biber in der Stadt leben“. Die größte Gruppe, „eine ganze Familie mit sieben oder acht Tieren“, will er an der Mühltalstraße ausgemacht haben.

Dort liegt eine große Weide angeknabbert im Wasser, einige Meter weiter treiben Äste von ehemals großen Bäumen im angestauten Weiher, der laut Schlicht etwa 200 Meter weit reicht. Viele Menschen würden von Schäden reden, die der Biber verursacht, sagt er und will diese Meinung partout nicht teilen: „Das Tier ist eine Bereicherung für die Natur und schafft Lebensraum, für sich und für andere Tiere wie Libellen und verschiedene Vogelarten.“

Bei der Stadt würden sich die Beschwerden jedenfalls im Rahmen halten, berichtet Jürgen Tölk vom Umweltamt. Er bestätigt einige Vorfälle, große Konflikte gebe es aber nicht: „Wenn auf Gartengrundstücken Bäume angenagt werden, haben wir beispielsweise mit Drahtmanschetten gegengesteuert.“ Bäume braucht der Biber sowieso nur im Winter, wenn er sich von der Rinde ernährt, ansonsten genügen ihm ufernahe Gräser und Schilf.

Und selbst wenn mal ein Baum gefällt werde, ist das nach Schlichts Meinung der Lauf der Dinge: „So ist eben die Natur, die verändert sich“, sagt er. „Der Baum ist ja nicht weg, sondern bleibt der Umwelt erhalten.“ Unter anderem könnten Käfer und anderes Kleinvieh dort leben. So werde auf ganz natürliche Weise die Artenvielfalt erhöht. „Letztendlich zeigt das auch, dass die Natur in Fürth intakt ist“, findet Jürgen Tölk, der sich sogar ein paar mehr Biber wünscht.

Und wenn angenagte Bäume auf die Straße knallen? „Dann muss die Stadt eben hinterher sein und sie notfalls vorher fällen.“ Kleinere Eingriffe in die Natur braucht es eben doch.

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