Der Fernseh-Salon

25.4.2011, 10:00 Uhr
Der Fernseh-Salon

© Pfrogner

Es ist die Zeit, in der ein Fürther, Max Grundig, Rundfunkgeschichte schreibt und in der sich die Deutschen seinen legendären „Zauberspiegel“ gern im barock geschwungenen Holzschränkchen mit Schiebetüren in die Stube stellen. Noch flimmern die Fernsehbilder schwarz, grau und weiß, doch US-Steinzeitmensch Fred Feuerstein schickt sich schon an, mit seinem „Yabba Dabba Doo“ deutsche Kinderherzen zu erobern und die TV-Prominenz von heute — Stefan Raab, Anne Will, Sandra Maischberger — kämpft sich soeben mit hochrotem Kopf auf diese Welt.

1966. Die Ludwigstraße in der Fürther Südstadt. Im Haus Nummer 89, einem Altbau, richten sich zwei junge Männer auf 13 Quadratmetern eine Werkstatt für TV-Reparaturen ein. Ingo Schnatzky, 25, und Egon Ammon haben das Gleiche gelernt, Radio- und Fernsehtechniker. Solche Leute sind gefragt. Denn pro Haushalt gibt es höchstens ein Fernsehgerät, und wenn das streikt, tut rasche Hilfe Not.

Schnatzky, heute ein 70-jähriger Mann mit schlohweißem Haar, sitzt in seinem Geschäft an der Fürther Freiheit und erinnert sich lebhaft an die Anfänge. An „lange Nächte“, in denen er und sein Freund Messgeräte zusammenbauen und ihre Firmenanschrift auf Karton stempeln, diese „Visitenkarten“ mit der Schere ausschneiden und anderntags in die Briefkästen der Umgebung einwerfen. Die Aufträge nimmt eine Nachbarin am Telefon entgegen, und auf dem Weg zu immer neuen Kunden knattern Ammons VW Käfer und Schnatzkys Fiat 1500 von nun an durch die Stadt.

Ganz in Orange

Noch im selben Jahr wagen sich die Jungunternehmer in den Verkauf. Am Kirchweihsonntag eröffnen sie in der Hirschenstraße 18 ein Geschäft. „Als wir die Jalousien hochzogen“, erinnert sich Schnatzky, „standen die Leut’ mit offenem Mund davor, denn das war neu in Fürth: Große Schaufenster, durch die man den ganzen Laden sah. Einen Laden ganz in Orange, mit braunem Teppichboden und weißen Regalen.“ Darauf ausgestellt sind unter anderem TV- und Hi-Fi-Anlagen von Metz, Grundig, Blaupunkt und, „sehr modern“, von Bang&Olufsen, der dänischen Nobelmarke.

1967. Ingo Schnatzky heiratet seine Frau Anneliese. Das Paar leistet sich die erste eigene Wohnung und den ersten eigenen Fernseher. Es ist ein Schwarz-Weiß-Gerät, Loewe, denn zwar startet Willy Brandt im August 1967 in der BRD per Knopfdruck das Farbfernsehen. „Aber Farbfernsehgeräte kamen erst nach und nach auf.“

Die Geschäfte gehen gut, der Laden wird größer, die Schnatzkys bekommen Nachwuchs. 1971 kommt Tochter Steffi zur Welt. Sie ist fast erwachsen, als Partner Ammon „in freundschaftlichem Einvernehmen“ aus der Firma ausscheidet. Schnatzky eröffnet Läden in Erlangen, in Nürnberg. Ausflüge, die Teil der Firmengeschichte sind. 1999 werden alle Geschäfte an der Fürther Freiheit „zentralisiert“.

Hier drinnen begleiten Stille und eine diskrete Beleuchtung all jene Raupen, die sich nun in Nahaufnahme auf großen und kleineren Monitoren über grüne Blätter schieben. Derweil fährt der Chef behutsam mit zwei Fingern über das Gehäuse eines ganz besonderen Hightech-Fernsehapparats. „Gesofteter Kunststoff“, sagt er fast andächtig, „Streichelqualität“. Quasi ein Rolls-Royce für 23000 Euro. Sowas verkauft sich? In Fürth? Schnatzky nickt. „Man soll die Fürther nicht unterschätzen“, meint er. Seine Kundschaft aber komme aus der ganzen Region.

Dass Fürther schon mal von der „Apotheke“ reden und sein Geschäft meinen, weiß der Mann. Er winkt ab: „Ach was!“ Es stimmt: Auch in der neuen Welt des LCD-, Plasma-, LED- und 3-D-Fernsehens versteht sich sein Innungs- und Meisterbetrieb, der mehrfach als 1a-Fachhändler und -werkstatt ausgezeichnet wurde und Senioren auch daheim berät, als Spezialist für gehobene Qualität. „Aber wir bieten alle Preisklassen an, etwa den Metz im Schaufenster. 1200 Euro. Bloß, den sehen die Leut’ nicht.“ Preiswert sei der, weil der Hersteller Ersatzteillieferungen auf Jahre garantiere und auf eine reparaturfreundliche Modulbauweise setze.

Dass sich mit Saturn vor drei Jahren ein Branchenriese in Fürth niedergelassen hat, stört Schnatzky übrigens gar nicht. Im Gegenteil. „Unsere Umsätze sind gestiegen“, versichert er lächelnd. Seine Erklärung: „Die Leute fahren jetzt nicht mehr gleich nach Nürnberg.“ Wenn er einen Wunsch frei hätte, dann hätte er „Saturn am liebsten nebenan“. Denn dann wäre es so wie einst mit dem Quelle-Technik-Center: „Wir würden uns die Kunden gegenseitig rüberschicken.“

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