Der Garten bettet sich gemächlich zum Winterschlaf

26.10.2012, 13:00 Uhr
Der Garten bettet sich gemächlich zum Winterschlaf

© Pfeiffer

Unter den verdorrten Tomatenstöcken sieht es aus wie nach einem Massaker: Die geplatzten Cocktailtomaten malen eine blutrote Sinfonie. So also endet das Gartenjahr 2012. Dabei war es ein gutes. Wettermäßig erst zu kalt, viel zu trocken außerdem — und trotzdem haben Äpfel, Kürbis und Tomaten sich beim Wachstum richtig ins Zeug gelegt.

Und die Laune? Eher gemischt. Denn für den Garten hatte ich in diesem Jahr zu wenig Zeit und habe oft gehetzt das Notwendige erledigt. Auf der Liege dösen? Wo denken Sie hin! Blumen wollen gepflanzt werden, der Rasen wächst und mit Früchten und Gemüse war es heuer ein bisschen wie im Märchen von Frau Holle, in dem der Baum „schüttle mich“ fleht.

Trotzdem bedeutet der Garten Entspannung. Weil sich keine Arbeit so richtig beschleunigen lässt. Weil die Hände so beschäftigt sind, dass kein Schreibtisch-Gedanke zwischen Unkraut, Harke und Gärtner passt. Weil die Luft nach Frühling duftet und die Sommersonne Zebrastreifen über den Hosenbund brennt.

Was sich verändert hat im dritten Gartenjahr? Ich habe Pflanzen auf der Fensterbank gepäppelt und acht verschiedene Sorten Tomaten gekostet. Und jetzt plane ich schon die Auberginen-Plantage fürs nächste Jahr und sinne über ein Schutznetz für Kohlköpfe nach. Irgendwann färbt sich, so hoffe ich, auch mein Daumen grün. Denn woran es liegt, wenn’s wächst? Keine Ahnung. Was in Büchern steht, will bei mir nicht hängenbleiben, und Tipps von den Gartennachbarn gibt es meist in dreierlei Ausfertigung.

Die werden immer vertrauter. Anfängliche Skepsis — soso, was macht die Neue hier? — ist längeren Plaudereien gewichen. Der eine oder andere Kaffee wird zusammen geschlürft, vor drei Tagen habe ich das Vogelhäuschen von nebenan abmontiert, dafür saugt der Nachbar mein Laub. Versprochen!

Richtig schlimm war 2012 nur der Frost, der der Zierquitte und dem Johannisbeerstrauch schwer zugesetzt und der Jakobsleiter den Garaus gemacht hat. Aber solchem Tod können Gärtner neues Leben entgegensetzen. Drei junge Bäumchen stehen seit ein paar Tagen in Reih und Glied zwischen den knorrigen alten — fast schon wieder eine Allee. Roter Boskop, Goldparmäne und eine Mirabelle, wie in Kindertagen.

Die Natur verzeiht

Das Schöne ist ja, dass man experimentieren kann im Garten. Und wenn es schiefgeht? „Die Natur verzeiht vieles“, sagt Herr Sebek dann. Was schlimmer ist als jede Schelte. Aber was rede ich, ich müsste arbeiten: Rosen anhäufeln, Beete umstechen, die Beerensträucher einhüllen. Denn der Winter kommt bestimmt und er kommt bald. Brrrrrrr.

Das ist vielleicht das Schönste am Garten: Die Gewissheit, dass es nach nebeltrüben Tagen, langen Nächten und grimmiger Kälte wieder Frühling wird. Bis dahin streiche ich Zwetschgenmarmelade auf die Brötchen und knacke ab und an ein Glas Apfelmus. Mmmh, so schmeckt Sommer.

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