Der ideale Krapfen: Fluffig, saftig und mit viel Hiffenmark

19.2.2014, 06:00 Uhr
Der ideale Krapfen: Fluffig, saftig und mit viel Hiffenmark

© Hans-Joachim Winckler

Die Gebäckstücke heißen überall anders: Die Berliner nennen sie Pfannkuchen, außerhalb von Berlin sagt man Berliner und die Bayern lieben eben ihre Krapfen. Doch egal, ob Nord oder Süd: Zur Faschingszeit wandern sie überall zigfach über die Auslagetheken der Bäckereien. Sich zu entscheiden, fällt nicht gerade leicht: Neben der traditionellen Hiffenmark-Füllung gibt es allerlei kreative Varianten mit Eierlikör, Nougat, Pudding oder auch Aprikose-Rum.

Bäckermeister Hermann Schuhmann erfüllt fast alle Geschmackswünsche der Kunden, die seinen urigen Laden in der Fichtenstraße betreten. Doch er persönlich mag am liebsten „den Klassiker“, wie er sagt. Alles andere sei doch eine Verfälschung, fügt er schmunzelnd hinzu. Was einen guten Krapfen auszeichnet? Während Schuhmann noch überlegt, weiß seine Frau Sonja schon die Antwort: „Fluffig sollte er sein, saftig und mit ganz viel Hiffenmark gefüllt.“

Der ideale Krapfen: Fluffig, saftig und mit viel Hiffenmark

© Hans-Joachim Winckler

Seit fast 23 Jahren betreibt das Ehepaar Schuhmann seine Bäckerei. Unterstützt werden sie von Azubi Maurice und zwei Aushilfen im Verkauf. Für den Bäcker beginnt der Arbeitstag, wenn andere noch in der Tiefschlafphase sind: Ab drei Uhr steht er in seiner Backstube, formt Brötchen, Brote, Buttergebäck und noch vieles mehr. „Alles braucht seine Zeit“, sagt der 54-Jährige, „das geht nicht schnell schnell — sonst schmeckt es nicht.“ So ist es auch bei den Krapfen.

Zuerst kommen alle nötigen Zutaten in einen riesigen Bottich: Mehl, Butter, Zucker, Hefe, Wasser, Eier und Salz. Zwei auf den Laien völlig überdimensioniert wirkende Knethaken vermengen rasch alles zu einer gleichförmigen Masse.

Nach der Maschine ist der Bäckermeister dran: Von dem großen Klumpen trennt er einen etwas kleineren ab — genauer: 1400 Gramm — und formt ihn zu einem runden Ball, dem sogenannten Bruch. Der Krapfenteig mag es gemütlich, zu hastiges Verarbeiten bekommt ihm gar nicht, deshalb gönnt Schuhmann ihm jetzt bereits die erste Ruhephase.

Danach wird es kurz hektisch: Das „Aufschleifen“ steht an. In kleinen Mulden auf einem Blech wird der Teig verteilt, dann in eine ovale Maschine geschoben, die an ein mutiertes Osterei erinnert. Dann beginnt das Rütteln, Zittern und Zerren – und nach ein paar Sekunden kommen wie durch Zauberhand 30 Mini-Krapfen zum Vorschein.

Noch mal ausruhen

Die schiebt Hermann Schuhmann in den Gärraum — die zweite Pause steht an. In dem Raum müssen die Teigknödelchen bleiben, bis sie reif sind. Wie lange das dauert, kann er nur schwer sagen. „Vielleicht eine halbe Stunde?“ Auf die Uhr schauen muss er längst nicht mehr, „nach so vielen Jahren habe ich das im Gefühl“. Den Krapfen gefällt es im Gärraum, sie plustern sich auf, werden immer mächtiger. Erst wenn sie die richtige Größe erreicht haben, kommt kalte Luft hinzu, zum „Absteifen“.

Prüfend blickt der Bäckermeister durch die Glastür, die Krapfen sind so weit. Er trägt das Blech durch die Backstube; vorbei an Mehlsäcken, Backöfen und Rührmaschinen — alles ist so groß, dass man sich wie in der Küche eines Riesen fühlt — steuert er auf eine Friteuse zu. Rasch kippt er die rohen Krapfen auf ein Gitter und lässt es ins 180 Grad heiße Pflanzenfett gleiten.

Ein süßlicher und zugleich deftiger Geruch steigt auf, der sofort in jede noch so feine Faser der Kleidung dringt. Jetzt ist Vorsicht geboten: Das Fett brutzelt heftig und spritzt in alle Richtungen.

Der ideale Krapfen: Fluffig, saftig und mit viel Hiffenmark

© Winckler

Der Beruf hat auf Schuhmanns Unterarmen Spuren hinterlassen, große und kleine Brand-Narben ziehen sich in hellen Streifen über seine Haut. Beim Wenden mit zwei Schaumkellen passt er deshalb ganz besonders auf. Die goldbraune Seite kommt nun zum Vorschein, die blasse taucht dafür ab — noch drei Minuten, dann hat auch sie die richtige Farbe.

"Da muss man durch"

Wenn der Bäcker mit dem Ergebnis zufrieden ist, kurbelt er das Gitter wieder hoch. Mit spitzen Fingern schnappt er sich die noch heißen Bollern und wendet sie in Kristallzucker. Es sei wichtig, dass die Krapfen noch warm sind, erklärt Schuhmann, sonst hält der Zucker nicht. Auch wenn es an den Finger brennt – es hilft alles nichts: „Da muss man durch“.

Der letzte Schritt ist für Krapfenliebhaber auch meistens der wichtigste: die Füllung. Früher musste sie in jedes Gebäckstück einzeln per Hand gespritzt werden, heute steht Schuhmann dafür eine neue Vorrichtung zur Verfügung. In einer Schüssel mit Hiffenmark stehen parallel zwei Röhrchen, auf die der Bäcker jeweils einen Krapfen steckt. Mit Hilfe einer Pumpe presst er die Marmelade in das Hefegebäck hinein. Viermal drückt er die Hebel nach unten, bis die Kugeln fast platzen. Das müsse schon sein, an der Marmelade spare er nicht, sagt Schuhmann.

So gut es auch schmeckt, bei so viel Marmelade ist natürlich Vorsicht geboten: Schuhmanns Krapfen hinterlassen nicht nur im Gesicht ihre Spuren, sondern auch gerne mal auf Hose und Hemd.

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