Der Mann, der den falschen Traum hatte

12.1.2019, 16:00 Uhr
Der Mann, der den falschen Traum hatte

© Foto: Altes SchauspielhausStuttgart/Tom Philippi

Hauptfigur des auch von Volker Schlöndorff mit Dustin Hoffman verfilmten Werks ist Willy Loman; in Fürth spielt ihn der "Tatort"-, "Traumschiff"- und Pilcher-gestählte Helmut Zierl. "Man kann die ganze westliche Zivilisation in dieser Figur sehen, obwohl er nur ein kleiner Vertreter ist", hat Theatermann Peter Zadek mal über Loman gesagt. Und das ist wohl das Geheimnis, warum diese bemitleidenswerte, tragische Figur eines alternden Geschäftsmanns immer noch fasziniert.

Das ganze Leben hat dieser Loman seinem Musterkoffer mit Damenwäsche gewidmet, hat Hunderttausende von Kilometern für seine Abschlüsse zurückgelegt, um am Ende wegen nachlassender Leistung und Gesundheit über Nacht gekündigt zu werden. Diese Schmach versucht er, vor seiner Familie zu verbergen und täuscht mit geliehenem Geld weiter den erfolgreichen Handlungsreisenden vor.

Arthur Miller hatte die Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre am eigenen Leib erlebt und in diesem Stück verarbeitet. 70 Jahre später sind uns dank Bankenkrise oder Brexit die Ängste um wirtschaftliche Sicherheit und gesichertes Einkommen nicht genommen. Miller rückt aber nicht eine Anklage des rücksichtslosen Kapitalismus in den Mittelpunkt des Stücks, sondern die Wunschbilder und Fantasien des kleinen Geschäftsmannes Willy Loman, der auch seinen beiden Söhnen keine anderen Ideale vermitteln kann als das Streben nach materiellem Erfolg. Als der ältere der beiden erkennt, dass dieses Lebensmotto nicht glücklich macht, kommt es zum Showdown mit dem Vater, der sein Scheitern erkennt, aber keine positiven Konsequenzen ziehen kann.

Regisseur Harald Demmer legt eine werkgetreue Inszenierung dieser amerikanischen Tragödie vor. Helmut Zierl spielt den psychisch labilen Loman als mal großspurigen, mal kleinlauten Geschäftsmann. Vor allem in der zweiten, dichteren Hälfte des Stücks läuft er zur verzweifelten, selbstkritischen Figur auf.

Das Leben der Familie Loman, die Auseinandersetzungen zwischen Vater und Söhnen wird in Rückblenden gezeigt. Der Bruder von Willy Loman, der als Diamantenhändler schnell reich wurde, erscheint als idealisierte Traumfigur (Frank Voß). Patricia Schäfer spielt überzeugend Lomans Ehefrau, die die Familie retten will, aber letztlich hilflos bleibt. Julian Härtner und Jean Paul Baeck mimen perfekt die desillusionierten, erfolglosen Söhne. Willys einziger Freund Charley wird markant und souverän von Frank Voß dargestellt.

Heutige Familienstrukturen und Moralvorstellungen sind sicher anders, liberaler als in den hier gezeigten fünfziger Jahren der USA. Und die Marktverlockungen des Kapitalismus erscheinen uns im Internetzeitalter freundlicher und weniger aggressiv. Und doch trifft dieses Stück offenbar einen Nerv unseres von Konsum und Konkurrenz getriebenen Daseins. "Er hatte den falschen Traum", sagt einer der Söhne bei der Beerdigung über den Vater.

"Tod eines Handlungsreisenden": Zum letzten Mal diesen Samstag, 19.30 Uhr, Stadttheater. Karten in der FN-Geschäftsstelle (Schwabacher Str. 106, Tel. 2 16 27 77) und an der Theaterkasse.

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