Der Tod als permanente Zumutung

24.6.2016, 10:00 Uhr
Der Tod als permanente Zumutung

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Am Leben, am Tod, und an dem, was danach kommen könnte, haben sich Legionen von Dichtern und Dramatikern die Zähne ausgebissen. Der Theaterpädagoge Johannes Beissel gibt nicht vor, es besser zu wissen. Die Performance „Und Dann?“ ist ja auch kein Stück mit einem festen Text, allenfalls mit einer festen Dramaturgie, einer abgesprochenen Abfolge dessen, wann wer was sagt.

„Und dann?“ ist ein Konglomerat aus drei Bestandteilen. Den Charakter des Fragmentarischen oder Rhapsodischen, des Konglomerats von Bruchstücken, merkt man dem Stück auch an. Das hat schon seinen Sinn, denn letztlich ist ein Leben von gerade mal 21 Jahren auch nur ein Fragment, ein Bruchteil nur von dem, was alles hätte sein können.

13 Akteure im Alter von 16 bis 25 Jahren umreißen zunächst das, was sie sich vom Leben versprechen. Nämlich Freiheit. Wie aber definiert man Freiheit? Da kommen einige Definitionen zustande, die allesamt im Schatten der Pariser Attentate verfasst worden sind, also in der Bedrohung der Freiheit.

Doch Freiheit ist trügerisch, sie lädt ein zum ungebremsten Akkumulieren von Besitz und Macht und beraubt gerade so die Freiheit der anderen. Doch dann rührt sich die Erkenntnis der Frist. „Wenn ich wüsste, dass ich nicht mehr lange zu leben hätte, was würde ich dann anstellen?“ Die Antworten fallen höchst individuell aus, und der Zuschauer kann sich herauspicken, was ihm beliebt.

Doch stellt sich gleich die nächste Frage: Warum leben wir erst dann wirklich, wenn wir wissen, dass nicht mehr viel Zeit bleibt? Nun trägt jeder Akteur ein Fundstück aus dem Wald mit sich, einen Stein, einen Farn, einen Ast. Und jeder Gegenstand tritt in einen Dialog mit seinem Finder. Hier entblößt sich tatsächlich jeder Akteur seelisch vor dem Publikum, und was dabei zu Tage tritt, ist meist die Ratlosigkeit jeder Seele angesichts der Willkür des Todes.

Am Ende wird ein Bild der verstorbenen Mitspielerin Tine an die Wand projiziert. Eine hübsche junge Frau, der das Leben offen zu stehen scheint, die nichts von ihrem baldigen Ende weiß. Eben dieses Wissen um ihr Schicksal und ihre Ahnungslosigkeit macht die Wirkung dieser Fotografie aus. Dazu wird Henry Scott Holland zitiert: „Der Tod ist nichts, ich bin nur ins Zimmer nebenan gegangen . . .“

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