Derbyfieber: Die Stadtgrenze im Kinderzimmer

21.9.2017, 06:00 Uhr
Derbyfieber: Die Stadtgrenze im Kinderzimmer

© Foto: Thomas Scherer

Roland Bachmann wuchs in Zirndorf auf. Schon früh nahm ihn sein großer Bruder mit zum FCN – in den legendären Block vier des alten städtischen Stadions. Für Roland Bachmann war klar: Die eigenen Söhne werden auch mal Fans des Ruhmreichen. Beim Großen klappte das ganz gut. Auch die Zwillinge Sascha und Leopold schienen das FCN-Gen des Vaters in sich zu tragen, doch dann passierte das Undenkbare.

Als der ASV Zirndorf vor vier Jahren die Spielvereinigung zu einem Freundschaftsspiel empfängt, dürfen die beiden Jungs als Einlaufkinder mit aufs Feld. Leopold läuft an der Hand von Kleeblatt-Ikone Stephan Schröck – und sieht fortan nur noch Weiß und Grün. Das Familienleben ist seitdem nicht mehr dasselbe.

"Leopold hat es nicht leicht", sagt seine Mama mitfühlend. Alina Bachmann interessiert sich selbst nicht sonderlich für Fußball, kriegt aber hautnah die Frotzeleien der Brüder und des Vaters mit, die der Neunjährige ertragen muss. Davon beirren lässt sich der junge Kleeblatt-Fan nicht, er hält treu zu seinem Team. "Es ist einfach der bessere Verein", sagt er. Und Leopold weiß sich zu wehren. Lässt sein Bruder die Club-Hymne "Die Legende lebt" erschallen, legt er seine CD "110 Jahre SpVgg Greuther Fürth" auf. Sein Lieblingslied: "Wir und unser Kleeblatt".

Machen Zwillinge denn gewöhnlich nicht immer dasselbe? "Bei uns ist das jedenfalls nicht so", sagt Mama Alina. Also half sie ihren Söhnen, das gemeinsame Zimmer entsprechend zu dekorieren. Hinter den Betten kleben Fußball-Tapeten, davor stehen und hängen Club- beziehungsweise Kleeblatt-Devotionalien: Schals, Flaggen, Autogrammkarten.

In ihrer Abneigung gegenüber dem anderen Verein sind die beiden Zwillingsbrüder übrigens ziemlich konsequent. Als der Vater sie im vergangenen Jahr mit ins Clubstadion nehmen wollte, lehnte Leopold ab. Dafür bleibt Sascha jetzt dem Ronhof fern, obwohl der Vater Tickets für das Derby hat.

Vorbilder? Leibold und Dursun

Gemeinsam kicken die Zwillinge für die E-Jugend des ASV Zirndorf. Leopold im Mittelfeld, Sascha noch ein bisschen offensiver. Während Sascha FCN-Verteidiger Tim Leibold bewundert, schwärmt sein Bruder für Kleeblatt-Stürmer Serdar Dursun. Er ist überzeugt davon, dass die Fürther – natürlich dank Dursuns Toren – am Sonntag 2:0 gewinnen werden. Sascha setzt hingegen auf einen 2:1-Auswärtssieg seines FCN.

Wer jetzt glaubt, nur Leopold hat es als einsamer Kleeblatt-Fan in der Familie schwer, der täuscht sich. Sascha weiß zwar seinen Vater hinter sich, muss aber damit leben, dass nicht nur sein Zwillingsbruder die Spielvereinigung anfeuert, sondern auch sein bester Kumpel. Und: In den Sommerferien wurde es zwangsweise weiß und grün für ihn: Die Eltern hatten die Söhne für ein Fußballcamp der Spielvereinigung angemeldet. Als Ausgleich geht es nächsten Sommer zum Ferienlager des FCN. Das hat dann Leopold zu schlucken.

Falls das Spiel am Sonntag nicht gerade Unentschieden endet, wird es bei Familie Bachmann wieder jede Menge Anlass zu Frotzeleien geben. "Das bleibt nicht aus", weiß Mutter Alina. Aber spätestens am Abend werde dann alles wieder vergessen sein. "Die beiden", sagt sie, "brauchen doch einander."

Eigentlich zwei tolle Vorbilder, diese Zwillinge aus Zirndorf.

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