Die Bilder des Leids bleiben unvergessen

18.1.2014, 13:00 Uhr
Die Bilder des Leids bleiben unvergessen

© Rempe

Ziemlich genau siebzig Jahre ist jener Tag her, den Konrad Nickel noch heute deutlich vor Augen hat. „Mein Vater hatte Fässer mit Wasser gefüllt und aufgeladen, dann hat er gesagt, ich soll mit ihm kommen.“ Die Fahrt mit dem Traktor ging zu einem Acker. Gefangene aus dem Strafarbeitslager Langenzenn mussten dort unter gnadenlosen Bedingungen Flachs ernten. Die unterernährten, durstigen Menschen hatten sich nach Wasser gesehnt: „Sie sind auf die Fässer losgestürmt – das vergisst man nicht.“

Es sind Bilder, die sich Konrad Nickel einprägten. „Die Menschen wurden mit Mutwillen gequält“, sagt er. Warum sein Vater ihn damals mitgenommen hat? Er weiß es nicht genau. Aber er hat eine Vermutung: „Ich glaube, das hat er mit der Absicht gemacht, damit sein Bub sieht, was da geschieht.“

Für ein Kamerateam des Bayerischen Fernsehens mit BR-Autorin Almut Gronauer wird Nickel gleich noch einmal die Strecke zu jenem Feld abfahren. Und zwar mit dem Original-Traktor. Der Oldtimer, ein Kramer, Baujahr 1939, mag heute vielleicht etwas spartanisch anmuten. Das war nicht immer so. Der Kaufvertrag, den Konrad Nickel tatsächlich noch besitzt, verweist zum Beispiel stolz auf die „Riesenluftreifen“, die das Fahrzeug einst als neue und Aufsehen erregende Ausstattung auszeichneten.

Beim Drehtermin ist auch Fritz Stiegler aus Gonnersdorf dabei. Der Autor (unteranderem für die Musicals „Die weiße Witwe“ und „Aeronauticus“) und Haselnussbauer hat sich viele Jahre lang intensiv mit der Geschichte der Zwangsarbeiter von Langenzenn beschäftigt. Seine Recherchen sind in seinen Roman „Valentina“ (erschienen in der mittlerweile dritten Auflage im Brunnen-Verlag, Gießen) geflossen.

Im Roman verewigt

Zu den Augenzeugen, die Stiegler eigene Beobachtungen berichteten, gehört auch Konrad Nickel. Auf diesem Weg fügte sich das Erlebnis, das er als Achtjähriger hatte, als ganz authentische, lebendig geschilderte Begebenheit in den Roman ein. Dank zahlreicher solcher sorgfältig erforschten Details wurde aus der Geschichte um das ukrainische Mädchen Valentina, das im Langenzenner Lager inhaftiert war, ein tiefgründiges Zeitbild.

Wie die Vergangenheit in seiner Heimat ganz genau aussah, das treibt auch Konrad Nickel um. Fünf Jahre lang hat er an seiner mehr als 700 Seiten umfassenden Chronik der früheren Gemeinde Laubendorf mit den Orten Erlachskirchen, Hardhof, Lohe und Heinersdorf gearbeitet (die FLN berichteten). „Von der Vergangenheit zur Gegenwart“ heißt sein Werk, für das er sorgsam ungezählte historische Dokumente und Aufzeichnungen auswertete, die ansonsten wahrscheinlich dem Vergessen anheim gefallen wären. „Da habe ich fast immer in der Nacht drüber gesessen“, sagt der 78-Jährige. Fritz Stiegler nickt. Das kennt er: „Wenn Bauern schreiben, dann haben sie dafür nur nachts Zeit.“

Im Bayerischen Fernsehen ist der Beitrag mit Konrad Nickel aus Laubendorf am Samstag, 18. Januar, um 18 Uhr, in der Sendereihe „Zwischen Spessart und Karwendel“ zu sehen.

Keine Kommentare