„Die Deutschen sollten temperamentvoller spielen“

8.6.2014, 11:00 Uhr
„Die Deutschen sollten temperamentvoller spielen“

© Hans-Joachim Winckler

Langsam wird es ernst. Wie ernst, das hat zum Beispiel eine Studie der Uni Hohenheim herausgefunden: Demnach ahnen schon jetzt 40 Prozent der Deutschen, dass sie bald täglich bis zu einer Stunde lang am Arbeitsplatz über die Weltmeisterschaft debattieren werden. Für die jungen Fußballerinnen des SV Poppenreuth haben just die Pfingstferien begonnen, die Sache mit dem Arbeitsplatz fällt damit also zunächst einmal flach. Ein Thema ist Brasilien natürlich trotzdem.

„Bei der letzten WM war ich noch zu klein, ich find’s cool, dass ich das jetzt richtig miterleben kann, wenn sich alle freuen und mitfiebern“, sagt Lina Feuerstein. Die 13-Jährige spielt (noch) in der U13 in der Abwehr und hat zuhause schon einmal vorgefühlt, wie es denn mit dem Fußballgucken sein wird: „Ich darf – außer, wenn die Spiele ganz spät kommen.“ Den Spaß am Fußball entdeckte sie zunächst aus einleuchtenden Gründen: „Ich hatte nachmittags viel frei, mir war langweilig.“ Also entschied sich Lina für den Sport, der ihre Schwester Nora schon länger begeisterte.

Abwehr macht Sorgen

„Ich habe auf dem Spielplatz mit den Jungs Fußball gespielt und da hat Liane gesagt, ich soll in die Mannschaft kommen“, erzählt die zehnjährige Nora Feuerstein. Liane Siegritz nickt und schwärmt: „Nora ist mein Top-Libero.“ Die 45-Jährige ist Betreuerin und Trainerin bei den Juniorinnen. Sie startete vor rund sechs Jahren mit ein paar Mädchen, heute gibt es von der U 11 bis zur U17 alle Altersgruppen – knapp fünfzig Mädchen sind hier aktiv – und dazu eine Damenmannschaft.

Was würde denn Liane Siegritz Bundestrainer Joachim Löw gerne mit auf den Weg geben? „Jogi muss an seiner Abwehr was tun“, heißt die spontane Antwort. „Er will anscheinend Philipp Lahm nicht in die Abwehr stellen, das finde ich nicht gut, der ist hinten unser bester Mann.“ Sandra Rebelein (14) spielt auf der linken Abwehrseite und hat einen Vorschlag fürs Tor: „Ich würde Manuel Neuer nicht aufstellen, Roman Weidenfeller finde ich viel besser.“ Einspruch von Eveline Roos (13): „Ich finde beide gut. Neuer spielt zum Beispiel außen besser mit.“ Selbstkritisch gibt die junge Torfrau in der U15 zu: „Das mache ich noch nicht so, sollte ich aber.“

Torwartaktionen gilt auch Ina Kaupers Augenmerk bei Fußballübertragungen im Fernsehen. Der 15-jährigen Torfrau in der U17, die gemeinsam mit Zwillingsschwester Eva aktiv ist, imponiert zum Beispiel, „wenn die aus dem Tor rauslaufen, direkt auf den Stürmer zu, um dem den Schneid abzukaufen“. Ein Manöver, bei dem es gilt, „den richtigen Moment abzuwarten und keine Angst zu haben“.

Die WM-Studie der Uni Hohenheim hat unter anderem auch herausgefunden, dass die Mehrheit der Deutschen Brasilien als Weltmeister sieht und damit rechnet, dass Deutschland zumindest das Halbfinale erreicht. Die sieben jungen Fußballerinnen sind der gleichen Meinung: „Brasilien gewinnt, das ist so gut wie klar.“ Sarah Brückl (15) verrät: „Ich halte dieses Mal aber zu Kroatien, weil ich die deutsche Mannschaft nicht so mag.“

Da sei zum einen der Trainer, der manchmal „etwas unsympathisch“ erscheine. Außerdem wirkten die Spieler ab und an etwas eingebildet. Schwerer wiegt für sie allerdings folgendes Argument: „In den anderen Teilnehmerländern wird viel temperamentvoller gespielt. Manchmal kommt es mir so vor, als stellten sich unsere Spieler irgendwie nur hin.“ Einen Spieler, von dem sie Großes erwartet, kann Sarah auch nennen: „Der Brasilianer Neymar ist top.“

Wie schaut’s eigentlich mit dem Interesse für den Frauenfußball aus? „Ich habe neulich ein Spiel im Fernsehen angeschaut, das fand ich richtig gut“, erinnert sich Nora anerkennend, während die jungen Torfrauen sagen, dass herausragende Sportlerinnen wie Nadine Angerer durchaus Vorbilder sind. Sarah schränkt ein: „Das mag jetzt vielleicht komisch klingen, doch die großen Vereine, deren Spiele man sich richtig gerne anschaut, das sind eben einfach Männer-Mannschaften.“

Frage an die Trainerin und Betreuerin: Hat sie im Training einen Unterschied zwischen Mädchen- und Jungs-Mannschaften ausmachen können? Liane Siegritz nickt und schmunzelt: „Am Anfang sind die Mädchen leichter zu handeln.“ Wichtiger ist ihr aber etwas anderes: „Wir freuen uns über neue Spielerinnen, die mitmachen wollen.“ Und weil ein richtiger Fußballer immer nach vorne schaut, haben auch die Poppenreuther Sportlerinnen ein Ziel nach der WM: „In den Sommerferien haben wir hier ein Mädchen-Fußball-Camp mit Armin Störzenhofecker.“

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